Rosegger Peter

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Biografie:
Peter Rosegger
Unsere Alpenländer — das dürfen wir uns mit berechtigtem Hochgefühl gestehen — haben uns schon eine stattliche Zahl der besten Künstler, Gelehrten und Schriftsteller geschenkt. Defregger, Egger-Lienz, Matthias Schmid, Fallmereyer, Hörmann, Pichler, Stieler, Kobell, Stelzhamer usw. - wer kann die unübersehbare Reihe nennen?
Sie alle wurzeln tief in ihrer Alpenheimat, von den Schriftstellern vielleicht keiner tiefer als der jüngst verstorbene Peter Rosegger. Der frische Waldbauernbub mit dem hellen Kopf und dem heißen Herzen, das mit allen Fasern an seinen heimatlichen Bergen hing, ist er geblieben als Bettelstudentlein, in seinen Lehr- und Wanderjahren und als gefeierter Meister der Feder, dem selbst das Ausland reiche Huldigung nicht versagte. Nobert Hamerling nennt ihn schon 1879 den „steirischen Burns", und seine grüne Steiermark zog Rosegger aus der dornröschenartigen Verborgenheit. Wenn er diesem „Schatzerl" von einem „aufgupften Berg ins Gesicht schauen" konnte, war er über alle Matzen glücklich.
Rosegger war zwar kein Gipfelstürmer, doch in jungen Jahren ein unverdrossener Wandergesell, dem auf seinen Kreuz- und Querfahrten, die ihn auch auf höhere Bergeszinnen (wie den Dachstein) trieben, köstliches Gold der Dichtung zufloß, ein unermüdlicher Gestalter, der die Älpler mit ihrer knorrigen Eigenart, mit ihren urgroßväterischen Sitten und Bräuchen, mit all ihren leuchtenden Vorzügen, aber auch mit ihren engherzigen Schwächen getreulich abkonterfeite, just wie es ihm die Gunst des Augenblicks gerade eingab.
Inmitten dieses Häufleins aber steht er selbst, der alte Waldbauernbub, als Lehrer und Erzieher seiner Stammesgenossen. Noch in der ersten Laufbahn seines Schaffens ward ihm das Amt eines Volksschulinspektors angetragen, er aber schlug es aus, er wußte sich einen größeren und dankbareren Wirkungskreis und ward der große steirische Dichter!
Das entsagungs- und arbeitsreiche Leben der kraftvollen Gebirgsbauern zeichnete sein kundiger Stift unermüdlich mit wenigen Strichen und der Atem der Bergwelt weht uns aus all seinen lebfrischen Bildern entgegen. Trotz aller pädagogischen und philosophischen Spitzfindigkeiten, in die er in reiferen Jahren manchmal verfiel, ward er nicht eintönig, denn seine Geschichten sind ja von jenem sonnigen Humor verklärt, der nur den Alpenbewohnern zu eigen ist. In seiner köstlichen Laune meinte er einmal: „Mir bleibt, mein lieber Leser, fast allemal, wenn ich ins volle Menschenleben hineingreife, ein hübsches Bauerndirndl in der Hand." Seine Getreuen mahnte er, „einen eigenen Humor" mitzubringen; denn „zu einem guten Spaß — so meinte er — gehören allemal zwei:
einer, der ihn macht, und einer, der ihn versteht".
Aus dem heimischen Boden allein sproßte — wie einer seiner Biographen hervorhebt — seine größte Kraft und seine Meisterschaft. Die unentwegte Liebe des Älplers zu seiner heimatlichen Scholle klingt in seinen walddurchrauschten Erzählungen wie das Hohelied altgermanischer Heimattreue.
„Das alte Bauerngeschlecht stirbt aus im Alpenlande", klagte er aber auch. Ein warmherziger Freund der Segnungen der Kultur war er zeitlebens und erwünschte sie auch für seine Heimat. Nur dann trat er ihr schroff entgegen, wenn er sah, dass sie das alte älplerische Volkstum entwurzeln, die älplerische Eigenart untergraben wollte, und er rief aus: „Wo ist das alte heimständige Alpenvolk, das der patriarchalischen Gesinnung Europas feste Burg gewesen? Nur Bruchstücke sind davon vorhanden." Die schädlichen Einwirkungen des „Weltgiftes" auf den sonst so kerngesunden Bauernstand der Alpen waren ihm ein Greuel: „Die Individuen der Bauernschaft stranden an den Fabriken."
In seiner Monatsschrift „Der Heimgarten" schuf er ein allbeliebtes Blatt für das Volk, das auch in den Kreisen der Gebildeten Eingang fand. Den Leuten wollte er nach seinem Geständnis geben, was ihnen nottut, Natur, Lebenseinfachheit, Redlichkeit, sie an die Sitten der Vorfahren, an die Kraft der Häuslichkeit, an den Segen der Familie und Arbeit mahnen und an, die Waldnatur, an die Schönheit ihres Heimatlandes, an die Herrlichkeit ihres Volkes erinnern. Im „Heimgarten" hat Rosegger wie in seinen anderen Schriften reichen Segen ausgestreut, der zum heile feiner engeren Heimatgenossen und der Alpenbewohner überhaupt tausendfältige Früchte trug.
Ein Lobredner seiner unvergleichlichen Erzählungskunst rühmt ihm nach, dass er „wie mit einer silbernen Ampel aus dem vollen Quickborn zu schöpfen wußte, der in den Tiefen der alpinen Volkseele quillt".
Dr. A. Dreyer, München.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1918, Seite 90-91