Schucht Richard

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Biografie:
geboren in Leinde bei Wolfenbüttel (Deutschland)
gestorben in Braunschweig (Deutschland)

Richard Schucht (+)
Am 12. Oktober d. J. verschied in hohem Alter der langjährige Vorsitzende der S. Braunschweig, Herr Präsident Richard Schucht. Bei der am 15. d. in Braunschweig erfolgten Beerdigung war der Hauptausschuß durch sein Mitglied, Herrn Geheimrat Dr. C. Arnold-Hannover, vertreten.
Mit R. Schucht ist wiederum einer von der „alten Garde", einer der bekanntesten Persönlichkeiten im Alpenverein, und ein glühender Verehrer der Berge dem Vereine entrissen worden. Das Ziel seiner alpinen Tätigkeit war die Bekanntmachung des Pitztales, dessen verborgene Reize er mit Wort und Schrift aufdeckte und für deren Erschließung er die S. Braunschweig zu begeistern wußte. Schucht hat sich nicht nur die Sympathien vieler Vereinsgenossen, sondern auch die Liebe und Dankbarkeit der armen Pitztaler Bevölkerung, die an ihrem Wohltäter wie Kinder an einem Vater hingen, erworben. Wir werden auf sein verdienstvolles Wirken demnächst näher zurückkommen.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1915, Seite 211

Richard Schucht
In unserer Zeit des großen Sterbens für das Vaterland kann der Tod eines Einzelnen, namentlich wenn er schon ein nur wenigen vergönntes Alter erreicht hat, kaum so erschüttern wie in friedlichen Zeiten. Aber es gibt auch unter denen, die nicht im Schlachtengewühl den Tod finden, solche, deren Hinscheiden uns auch jetzt tief berührt, weil sie den Platz, auf den sie das Schicksal stellte, voll und ganz ausgefüllt haben. Den Tod eines solchen Mannes betrauert die S. Braunschweig in ihrem Mitbegründer und Vorsitzenden Richard Schucht, der seit 25 Jahren unermüdlich und erfolgreich die Leitung der Sektion in den Händen hatte und am 12. Oktober nach nur mehrtägigem Kranksein im Alter von 72 Jahren sanft entschlummerte, ohne daß er oder seine Umgebung den bevorstehenden Tod ahnten. Mit der S. Braunschweig trauert um ihn die große alpine Gemeinde, in der er sich großer Beliebtheit und Bekanntheit erfreute. Auf den Hauptversammlungen des Alpenvereins, die er regelmäßig besuchte, erregte fein schöner Kopf mit dem silberweißen Haar vielseitige Aufmerksamkeit.
Schucht war geboren am 14. Dezember 1843 in Leinde bei Wolfenbüttel als Sohn eines Pastors, besuchte das Gynmasium in Braunschweig, legte die Prüfungen für den höheren braunschweigischen Bahn- und Postdienst ab und war seit 1880 in Braunschweig, zuletzt als Oberpostsekretär bei der Oberpostdirektion, angestellt; 1891 erhielt er das Ritterkreuz Heinrichs des Löwen, 1898 trat er in den Ruhestand, um seine Kräfte ganz der Sektion Braunschweig widmen zu können.
Schucht war ein begeisterter Alpenfreund, aber kein eigentlicher Hochturist und im letzten Jahrzehnt erlaubten ihm schwere Gichtanfälle nur kleine Wanderungen in seinem geliebten Pitztal, als dessen Erschließer er zu betrachten ist, denn auf seine Veranlassung erbaute dort die S. Braunschweig 1892 ihre Hütte auf dem Karleskopf, einem Punkte, auf dessen großartige, für einen Hüttenbau geeignete Lage ich seit 1880 erfolglos hingewiesen hatte, bis ich zehn Jahre später in Schucht den Mann fand, der meine Begeisterung teilte und meine Hoffnung erfüllte. Nachdem ihn 1892 die Pitztaler zu ihren Ehrenbürger ernannt hatten, wollte er auch im Pitztal ansässig sein und erbaute sich im gleichen Jahre in Mittelberg ein eigenes heim, das er „Schuchteneck" nannte und in dem er, dem das Familienleben versagt blieb, von seiner braven Wirtschafterin sorglich gepflegt, seitdem jährlich die ganze Sommerszeit verlebte und jedem Besucher des Pitztales mit Rat und Tat allezeit zur Verfügung stand.
Unermüdlich wirkte er für die Hebung des Fremdenverkehrs im Pitztal, sowohl durch ernste Mahnungen an die Einwohner, Wege und Gaststätten zu verbessern, als auch durch seine fortwährende Fürsorge für Ausbesserung und Verbesserung der Sektionswege; er hatte bei seinem letzten Aufenthalte daselbst noch die Freude, einen seiner liebsten Wünsche der Erfüllung nahen zu sehen, nämlich das Entstehen einer wirklich benutzbaren Fahrstraße, die von gefangenen Russen gebaut wird; einem anderen Lieblingswunsche, auf dem Weißmaurachjoch eine Hütte entstehen zu sehen, stellten sich Schwierigkeiten entgegen; doch erreichte Schucht die Erbauung eines Weges von Plangeroß bis zum Joch und nach hüben im Ötztat. Dem Beispiele der S. Hannover folgend, erwirkte auch er für einen Wegbau seiner Sektion, den vom Pitztalerjöchl zur Hohen Geige, den Namen Hindenburg-Weg, während er nicht zu bewegen war, nach dem erfolgreichen Beispiele der S. Hannover in ihren Arbeitsgebieten, andere Sektionen zur Miterschließung des Pitztales heranzuziehen.
In kleineren Heften, die er für seine Freunde drucken ließ, hat er in früheren Jahren oft seine jährlichen Alpenwanderungen geschildert; in den „Mitteilungen" schrieb er 1892 über das Pitztal und die Braunschweiger Hütte, in der „Zeitschrift" veröffentlichte er 1900 eine größere Abhandlung über das Pitztal, 1906 verfaßte er den alpinen Gipfelführer „Die Wildspitze" und 1909 lieferte er der Festschrift zum 25 jährigen Bestehen der Sektion die Beiträge „Das Pitztal und die Braunschweiger Hütte" und „Aus den Fremdenbüchern der Braunschweiger Hütte".
Mit großer Hingebung und ebenso großem Erfolge widmete er seine Wintertätigkeit den Vorbereitungen zum alljährlichen Alpenfest der Sektion, das so zu einer der gesuchtesten Vergnügungen der Braunschweiger aufblühte und der Sektion viele neue Mitglieder, den Alpen neue Freunde brachte. Seine Freundschaft mit dem bekannten Maler Zeno Diemer regte diesen zur Schaffung zahlreicher Bilder von der Braunschweiger Hütte nebst Umgebung an, die viel zum Bekanntwerden dieser Hütte beitrugen.
So kann man denn von Schucht sagen, dass sein alpines Wirken reich an Erfolgen war, deren er sich schon zu Lebzeiten erfreuen konnte, und die Verehrung, die ihm von seinen Sektionsgenossen allezeit zuteil wurde, war eine außerordentliche. Noch im vergangenen Sommer war es ihm gegönnt, in seinem geliebten Pitztal zu weilen und die Berge in so sonniger Schönheit zu schauen wie kaum zuvor, um dann dahinzuscheiden, ohne dass ihn ein langes Kranksein gezwungen hätte, auf den Besuch seiner zweiten Heimat zu verzichten und zu Haufe langsam dahinzusiechen. Keine schöneren Worte können wir dem treuen Alpenfreunde beim Scheiden mitgeben als die, mit denen Justizrat Engelbrecht in Braunschweig seine in der dortigen Sektion gehaltene Gedächtnisrede auf Schucht schloß:
„Wer wie er so treu mitgearbeitet hat für den Alpenverein, der hat auch mitgearbeitet an jenen heiligen Banden von Volk zu Volk, hat mitgearbeitet für die gemeinsamen Ziele zweier Völker, die nun in gewaltigem Ringen zusammengehen auf Leben und Sterben, und hat, wenn er auch keine körperlichen Waffen mehr tragen konnte, doch mitgeholfen zu jenen herrlichen Siegen, die von Deutschland und Österreich überall auf den Schlachtfeldern erkämpft wurden gegen eine halbe Welt."
Dr. Karl Arnold, Hannover.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1916, Seite 49


Geboren am:
14.12.1943
Gestorben am:
12.10.1915