Rolfes Bernhard

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Biografie:
geboren in Johannesburg (Rep. Südafrika)

Bernhard Rolfes
* 12. März 1893 ? (+) 13. Juli 1977
Ein Großteil der Nachrufe in unserer Österreichischen Alpenzeitung ist einer alten Generation gewidmet, die bereits vor oder kurz nach dem Ersten Weltkrieg in den ÖAK aufgenommen und bis zuletzt dessen Bergsteigerart treu geblieben war, auch wenn mit der Zeit die bergsteigerischen Leistungen und Aktivitäten wegen beruflicher Verpflichtungen mehr und mehr in den Hintergrund traten. Nach glückhaft erlebten, schwierigen Bergfahrten als verantwortungsbewußte Führende haben diese Alten sich schon im Ersten Weltkrieg bewährt, wo es nicht mehr, wie auf Bergtouren, um freiwillig oder unbedacht eingegangene und somit diskutierbare Risiken ging, sondern die Frontsoldaten bedingunglos ihr Leben einsetzen mußten.
Bernhard Rolfes wurde in Johannesburg (Südafrika) als ältester Sohn deutscher Eltern geboren. Sein Vater war als unternehmungsfreudiger Kaufmann in dieses wunderschöne Land gezogen. Von ihm haben fünf Söhne den weltoffenen Sinn, Pioniergeist, sportliches Talent und eine eiserne Konstitution geerbt. Die Rolfes-Kinder reisten per Schiff zur nötigen Schulausbildung von Afrika nach Deutschland und kamen nach Freiburg im Breisgau, wo Bernhard seine ganze Schülerzeit und den ersten Teil seines Studiums verbrachte. Freiburg, das, am Rande des Hochschwarzwaldes gelegen, bis heute noch deutliche Züge seiner nahezu fünfhundertjährigen vorderösterreichischen Geschichte aufweist, wurde die deutsche Heimat von Bernhard Rolfes.
Als Ältester hatte er schon frühzeitig Verantwortung für seine jüngeren Geschwister mit zu übernehmen. Von dieser Zeit an erwies sich als sein hervorragender Charakterzug eine unentwegte, getreu überlegte und unbestechliche Verantwortung und Fürsorge, die während seines ganzen Lebens der groß gewordenen Familie, allen Freunden und nicht zuletzt auch den Werksangehörigen des von ihm über 40 Jahre hindurch geleiteten Industriebetriebes galten. Seine Entwicklung zur ausgeprägten Führerpersönlichkeit im besten Sinne begann bei den Pfadfindern. Als Student kam er 1911 zum Akademischen Schiklub Freiburg, wo im gleichen Ausmaß aktiver Schisport und führerloses Bergsteigen betrieben wurden. Von den Schwarzwaldhöhen aus lockt an klaren Föhntagen die Sicht auf die lange Alpenkette vom Montblanc bis zu den Allgäuer Alpen. Für die meisten Freiburger Bergsteiger waren daher von vornherein Berner Oberland und Wallis ersehnte Tourengebiete. Dies galt auch für Bernhard Rolfes ebenso wie für die einstigen Freiburger ÖAK-Kameraden Schwarzweber, Roegner und Bußmann. Bis zum Ersten Weltkrieg, den er von Beginn an bei der kämpfenden Truppe erlebte, hatte der junge Student Bernhard Rolfes Matterhorn und Zinalrothorn überschritten, u. a, auf den Gipfeln von Weißhorn, Obergabelhorn, Dent Blanche und Piz Bernina gestanden, und für die damalige Zeit beachtliche Westalpentouren führerlos unternommen.
Nach Kriegsende und anschließendem Studium zog Bernhard Rolfes im Jahre 1922 mit seiner jungen Familie für dauernd in den Dillkreis, wo er - fern vom Hochgebirge ¬bald eine führende Stellung in der dortigen Eisenindustrie einnahm. Beruf und Familie ließen für Sommerbergfahrten kein echtes Training mehr zu, aber zwei bis drei Wochen Schihochtouren in der Schweiz und in Österreich blieben in jedem Frühjahr eisern gewahrte Tradition.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das von Bernhard Rolfes geleitete Unternehmen zum Rüstungsbetrieb und im Jahre 1945 durch mehrere Fliegerangriffe total zerstört. Der mühsame Wiederaufbau geschah nicht zuletzt dank der heute kaum mehr vorstellbaren Mitarbeit der verbliebenen Werksangehörigen, anfangs ohne Lohnzahlung (1), und der Betrieb gelangte wieder zu erneuter Blüte. Für die wieder möglichen Bergunternehmungen bevorzugte Bernhard Rolfes in erster Linie die Silvretta, er war aber auch noch etliche Male im Wallis, in Zermatt, im Engadin und 1961 im damals noch nicht ?lifterschlossenen" Zinal auf Frühjahrsgipfelfahrten, oft in Begleitung seiner jüngsten Tochter, meiner Frau. Mit dem fast 70jährigen Vater hatten wir 1962 eine herrliche Genußtour auf den Augstenberg, und 1963 erstieg er noch das Fluchthorn. Es war typisch für ihn, daß er unterwegs trotz mangelnden Trainings und altersbedingter Beschwerden niemals aufgab, sondern unentwegt mit eiserner Energie dem selbstgewählten Bergziel entgegen-stieg, mochte die Tour auch noch so lang dauern.
Als Achtzigjähriger - auf wenige Wochen bei uns zu Besuch am Volderberg - fuhr er noch mit seinen Enkeln Schi oder stieg mit uns aus dem herbstlichen Voldertal auf einsamen Wegen zur Largotzspitze und zum Naviser Joch hinauf. Da wurde am Leuchten seiner Augen so deutlich spürbar, wie sehr ihm die Bergwelt vertraute Heimat bedeutete, in der wohl der Gipfelsieg voransteht, zu dem jedoch auch die Anfahrt, ein geruhsamer Talaufenthalt unter den Einheimischen und ein Auge für die wechselnde Landschaft gehören, um die starken, uns so belebenden Gegensätze innerhalb unserer geliebten Berge voll zu erleben. Seine bedächtige, unverdrossen zielstrebige Art war durch seine vielen Bergfahrten wesentlich geprägt. Den Bergen blieb er zeitlebens innerlich zutiefst verbunden und wahrte seinen Gefährten immerwährende Treue. Im Berufsleben wurden ihm für seine großen Verdienste zahlreiche Auszeichnungen zuteil und seine Persönlichkeit in Reden als außergewöhnlich gewürdigt. Hierzu wäre zu sagen, daß das im Industriekreis unklar als außergewöhnlich empfundene Wesen von Bernhard Rolfes eben nur seinen Bergkameraden bekannt und vertraut sein konnte. Er trug mit Stolz das DAK-Abzeichen, betrachtete diese lange Mitgliedschaft als auszeichnende Verpflichtung und hielt dem DAK die Treue, wie wir Alten es dereinst auch von der heutigen Jugend erhoffen möchten.
M. Pahl
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1978, Juli/August, Folge 1420, Seite 71-73



Geboren am:
12.03.1893
Gestorben am:
13.07.1977