Nieberl Franz

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Biografie:
geboren in Würzburg (Deutschland)
gestorben in Kufstein (Österreich)

Franz Nieberl — 65 Jahre alt.
Lieber Franz! Wir, die wir uns mit Stolz Deine alten Bergkameraden nennen dürfen, weilen am heutigen Bergsteigerabend, an dem wir so manchen vermissen, der gleich Dir im Westen für Deutschlands gerechte Sache bereitsteht, im Geiste bei Dir. 65 Jahre Deines, von soviel ungezähltem Bergerleben überreichen Lebens sind zu Ende gegangen, und ungebrochen in voller Tatkraft und Frische, wie sie nur dem Bergsteiger beschieden in eine große, ereignisreiche Zukunft.
Wir wissen. Du bist kein Freund vieler Worte und liebst es auch nicht, daß von Dir viel gesprochen wird. Wenn es aber nun doch geschieht, mußt Du wissen, daß es wohl hat so sein müssen. Ehre, dem Ehre gebührt!
Zum zweitenmal stehst Du im Westen, als Kompaniechef umgibt Dich die Treue und das Vertrauen Deiner Dir unterstellten Soldaten. Wie auch könnte es anders sein, wo Du als Bergsteiger schon soviel Gutes getan und die Menschen zu Dir aufschauen zu machen wußtest. Zum zweitenmal gingst Du hinaus, ließest Frau und Kinder, die ein gütiges Schicksal Dir noch im Alter geschenkt hat, zurück. Du tatest, was so viele andere tun, und Du tatest es freiwillig in unverbrüchlicher Treue und festem Glauben zu dem Mann, der Deutschland aus der Knechtschaft hinaufgeführt hat zu den Höhen der Gegenwart. Du bist als Bergsteiger den Kampf gewohnt. Die besten Bergsteiger aber sind auch die unerschrockensten Soldaten. Aber Deine Berge, ohne die Du nicht zu denken wärst, hinweg, in einem Alter, wo mancher längst schon Pickel und Rüstzeug weggelegt und erst recht den Soldatenrock ausgezogen hat, fandest Du den Weg zur deutschen Jugend. Mit ihr standest Du auf den Gipfeln Deiner Bergheimat, und mit ihr stehst Du nun Schulter an Schulter im Felde.
Was Du für die Bergsteigers und für die Bergsteiger getan hast, das würde allein schon ein Buch ausfüllen, ein neues neben den anderen, die Du den Bergsteigern schon beschert hast. Aus allen spricht ein einzig dastehendes, von tiefstem Erleben erfülltes Bekenntnis zu den Bergen. Es sind nicht viele, die wissen, welch mühevolle Kleinarbeit Du im Wirken des Alpenvereins geleistet hast, die meisten kennen Dich nur aus Deinen Schriften.
Zwei Wünsche sind es, die Dich beseelen: am großen Endsieg des gegenwärtigen Ringens teilnehmen zu können und mit 70 Jahren noch ein letztes Mal auf dem Gipfel Deines „Kirchls" stehen zu dürfen. Wie könnte eine gütige Vorsehung die Erfüllung solch edler Wünsche versagen?
Zum Julfest des Vorjahres weiltest Du in unserer Bergsteigerrunde, und wir sahen es Dir an, wie wohl Du Dich in unserem alten Kreise nach monatelangem Felddienst fühltest. Und doch wärest Du noch lieber draußen bei deinen Soldaten gewesen und hättest mit ihnen deutsche Weihnacht gefeiert. Noch ist uns Deine zu Herzen gehende Ansprache in der Erinnerung, die in flammender Beredtheit von der eisenfesten Geschlossenheit von Front und Heimat und von der Erinnerung an die Kriegsweihnachten 1914 bis 1918 erfüllt war. Und jener feierliche Augenblick, als wir in schweigender Winternacht den Holzstoß entzündeten und den Jultrunk uns reichten. Auf drei Pfeilern fußt Dein Bergsteigertum, und jeder, der Einlaß gefunden in unseren Bergsteigerkreis, mußte daran erprobt werden: festeste Kameradschaftstreue, unbegrenzt berggläubig und deutsch sein bis in die Knochen. So haben wir es immer gehalten, auch in den sturmbewegten Zeiten der Vergangenheit.
Lieber Franz! Wie immer sind wir am Heutigen Bergsteigerabend versammelt. Noch sitzen die alten Bergkameraden bei Pfeife und Tiroler Rotem beisammen. Vielleicht daß beim nächsten Abend einer fehlt. Einer, der es Dir gleichtun will und sein Zivilkleid mit dem Soldatenrock vertauscht, der hinauszieht, um für das heilige Recht der Heimat zu streiten. Sei versichert: Hinter Euch, die Ihr draußen steht und die Heimat schützt, steht in felsenfester Geschlossenheit und tatkräftiger Entschlossenheit die gewaltige Front der Heimat.
Sie wird Euch nie enttäuschen. Dem Bergsteiger und „Kaiserpapst" Franz Nieberl aber schenke die Vorsehung das Glück und die besinnlichen Freuden noch mehrerer Jahrzehnte.
Lang ist dieses Glückwunschschreiben geworden, lieber Franz. Doch man ist nur einmal 65 Jahre. Eine lange Zeit — ein langes Schreiben. Möge das Soldatenglück Dich stets begleiten, wenn zum Feindgang die Pflicht Dich ruft, auf daß wir, wenn der Feind von der Tapferkeit deutschen Soldatentums und von der Wucht deutscher Waffen niedergeschmettert ist, den sicheren Endsieg in unserem alten Kreise mit Dir feiern können.
Das alles wünschen Dir aus ganzem Herzen und in alter Treue Deine Bergkameraden.
Quelle: Mitteilungen des Deutschen Alpenvereins, Deutscher Bergsteigerverband im NS. Reichsbund für Leibesübungen 1939-40, Heft 6, Seite 104-106

Quelle: Mitteilungen des DAV 1950, Seiet 25

Wir gratulieren Franz Nieberl zum 75. Geburtstag
Nieberl, Wilder Kaiser und Klettern, das ist schon fast ein Begriff für den Bergsteiger. Einmalig ist Nieberls Beiname: „Kaiserpapst“. Als guter Geist wacht Nieberl heute noch über seinem (und unserem!) geliebten Kaisergebirge. Oft treffen wir seinen Namen in der Erschließungsgeschichte des Wilden Kaisers; Nieberlkamin am Totenkirch (1906), Straßwalchschlucht (1907), Hintere Goinger Halt von Osten (1907), und Kleine Halt-Nordwand zählen zu seinen Neufahrten. Aber geklettert sind auch andere im Kaiser und sind neue Wege gegangen, schwierigere vielleicht; nicht darin liegt Nieberls Bedeutung im deutschen Bergsteigertum. Er hat ein Lehrbuch geschrieben, das „Klettern im Fels“; es erschien erstmal 1909, ist also „veraltet“, und doch – es ist jung geblieben wie sein Verfasser! Dieses Büchl ist Generationen von Bergsteigern der Wegweiser zum Kletterlebnis geworden. Es ist heute noch wert, mit Verstand gelesen zu werden. Woran liegt dieser Erfolg? Nicht an großem Reklame-Tamtam, sondern weil der Bergsteiger ein feines Gefühl hat für den inneren Wert eines Buches; leicht faßlich, klar verständlich und mit Humor gewürzt, so schrieb Nieberl sein Kletterbuch, und so blieb es unübertroffen in der Flut von alpinen Lehrbüchern – unübertroffen auch von Nieberls zahlreichen Aufsätzen, in denen er von seinen Fahrten in den Westalpen oder den heimatlichen Bergen erzählt. „Erlebtes und Erdachtes“ brachte 1925 die Erinnerungen des 50jährigen. Schwere 25 Jahre sind inzwischen vergangen, am 25. Februar feiert Franz Nieberl, der Zollfinanzrat a.D., seinen 75. Geburtstag. Mit allen Bergsteigern deutscher Zunge beiderseits des Wilden Kaisers sagt der „Bergkamerad“ dazu die herzlichsten Glückwünsche.
Dr. F. Gr.
Quelle: Der Bergkamerad 1950 25. Februar, Heft 21, Seite 327

Franz Nieberl 80 Jahre.
Franz Nieberl, der Kufsteiner ?Kaiserpapst", ist einer von den Bergsteigern, deren Geburtstage man mit ungetrübter Freude vermerken und mit herzlichen Glückwünschen verbinden darf, weil sie rüstig, bergverbunden und im Herzen jung geblieben sind. Bei Nieberl gilt dies trotz der 80 Jahre, die er am 25. Februar vollendet. Seinen alpinen Lebenslauf haben wir anläßlich seines 75. Geburtstages im Februarheft der ?Mitteilungen des AV" 1950 skizziert. Dem ist nur hinzuzufügen, daß Nieberl immer noch in den Bergen unterwegs ist. Es war ihm in den letzten Jahren noch vergönnt, auf manchem Gipfel zu stehen (so zum 92. Male auf dem Totenkirchl), und. ich wünsche ihm, daß ihm Kraft und Zeit gegeben sei, den Hunderter auf seinem Lieblingsberg aufzurunden.
Quelle: DAV Mitteilungen 1955, Heft 2, Seite 29

Ehrung für Franz Nieberl.
Die Sektion Kufstein des OAV, deren Ehrenvorsitzender Franz Nieberl ist, feierte im Rahmen ihrer Hauptversammlung den 80jährigen ?Kaiserpapst" nach Bergsteigerart. Außer Nieberls alten Berggefährten Ostler, Kurz und Klammer war auch die Jugend der Sektion Kufstein stark vertreten. Dr. Lauer vom OAV und Oscar Krammer vom DAV würdigten Nieberls vorbildliches Bergsteigertum, und namens der Sektion Bayerland, der Nieberl fast ein halbes Jahrhundert angehört, gratulierte Fritz Schmitt. Von den Geschenken mögen den Jubilar wohl am meisten gefreut haben die Schußerlaubnis für den schönsten Bock im Kaisertal, überreicht von Bürgermeister Egger, und eine Ferienwoche für das Ehepaar Nieberl auf der Seiseralpe, gestiftet von der Sektion Kufstein.
Quelle: DAV Mitteilungen 1955, Heft 3, Seite 44

Quelle: Der Bergkamerad 1959/60, Seite 350

Franz Nieberl 85 Jahre alt!
Am 25. Februar feierte der „Kaiserpapst" die Vollendung des 85. Lebensjahres. Als Zollbeamter in Kufstein hatte er den idealsten Dienstort, den sich ein begeisterter Felsgeher nur wünschen konnte. Und wohl niemand kennt den „Kaiser" wie er. Seine Klettererfahrungen hat der Jubilar in einem Lehrbuch über das Klettern im Fels niedergelegt. Noch mit 80 Jahren hat er seinem Totenkirchl einen Besuch abgestattet. Wir wünschen Franz Nieberl noch viel Freude an den Bergen!
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1960, Heft 3, Seite 19

Franz Nieberl 85 Jahre.
Am 25. Februar 1960 wurde Franz Nieberl 85 Jahre alt, das heißt, er ist beneidenswert jung geblieben in seiner Person und seiner Einstellung zur Jugend. Daß ihm dieses Jungsein weiterhin erhalten bleibe, sei unser herzlichster Geburtstagswunsch.
Quelle: DAV Mitteilungen 1960, Heft 3, Seite 57

Franz Nieberl wird 90 Jahre alt!
Ist es zu glauben, daß Altmeister Franz Nieberl in das 90. Lebensjahr eingetreten ist? Gewiß, 90 Jahre sind ein hohes Alter! Im eigentlichen Sinn des Wortes kann davon bei unserem Jubilar nicht die Rede sein! In unglaublicher körperlicher Frische und auf gewohnter geistiger Höhe steht Nieberl vor uns. Er leitet die jährlichen Hauptversammlungen des Zweiges Kufstein des AV, er nimmt rege am alpinen Geschehen teil, er hält noch Vorträge, Wieviel er überhaupt gehalten? Diese Zahl ist Legion! Die Schriftstellerei hat er noch nicht weggelegt. Markant und treffend wie immer sind seine Worte. Aus der Hand Franz Nieberls das Alpenvereinsehrenzeichen für langjährige Mitgliedschaft entgegenzunehmen, ist eine Ehre! Ist hohe Freude und ein unvergeßlicher Augenblick! Vor wenigen Jahren hat er sein köstliches und ausgezeichnetes Lehrbuch „Klettern im Fels" neu und verbessert herausgebracht. Franz Nieberl hat uns eine gewaltige Fülle schöner und interessanter Aufsätze, die in den verschiedenen alpinen Zeitschriften erschienen sind, geschenkt. Sie besitzen heute noch Aktualität und hohen ethischen Wert. Wohltuend hebt sich ihr Inhalt von mancherlei schriftstellerischen Erzeugnissen ab, die hauptsächlich die leistungsmäßige und sportliche Seite der Bergsteigerei bevorzugen. Auch ein Buch, das wert wäre, neu aufgelegt zu werden, schrieb Altmeister Franz Nieberl: „Erlebtes und Erdachtes". Ich säume nicht, dieses ausgezeichnete Werk in einem Atemzug mit Oskar Erich Meyers „Tat und Traum" zu nennen. Ein ungemein reiches Bergsteigerleben rollt in diesem Buche, reich skizziert, vor uns ab. Wir werden der überaus großen Liebe eines Menschen zu den Bergen, zur Pflanzen- und Tierwelt teilhaftig.
Seine Vorträge haben den Jubilar weit in Osterreich und über die Grenzen hinaus bekannt gemacht. Er ist längst Begriff geworden unter den Bergsteigern. Der Bergsteigerjugend hat Franz Nieberl zeit seines Lebens die Wege geebnet. Der junge moderne Berggeher kann an dem großen Bergpionier und- alpinen Schriftsteller nicht vorübergehen. Nieberl hat das Verständnis für die modernen Wege in Eis und Fels uneingeschränkt oft und oft unter Beweis gestellt, Freilich, für Dinge, die in die Zirkusarena gehören, publikes Schauklettern und Artistik, Felsakrobatik, dafür hat der ,,Kaiserpapst' nichts übrig! Nieberls Vorträge in freier Rede haben immer viel Bergsteigerjugend angezogen. Es war stets die plastische Wiedergabe des Erlebten! So, daß es der Bilder oft gar nicht bedurfte! Und das sagt wohl alles! Der Jubilar kann auf zahlreiche Erstlingsfahrten in den Alpen zurückblicken. Besonders im „Wilden Kaiser", dessen jahrzehntelanger und getreuer Hüter er ist. Er hat alle Viertausender der Westalpen bestiegen und trägt mit Stolz für zahlreiche Rettungen ans Bergnot das selten verliehene Grüne Kreuz des AV. Wer ein Vorbild in unserer an Vorbildern so armen Zeit sucht, hier findet er es] Sein eigenes schönes Wort: „Die Berge winden uns den Goldkranz des Jungseins um die Stirne, und das ist das Schönste, was sie uns schenken!" findet an unserem Jubilar die treffendste Bestätigung. Männer, deren Namen jedem Bergsteiger bekannt sind, sind seine Bergkameraden und Zeitgenossen: Ostler, der große Lehrmeister, Fiechtl, Klammer, Dülfer, das große „Kaiser"-Triumvirat! Leuchs, Schietzold, Piaz, Zettler, Ploner, Sixt, Pfann, Lucke, Aschenbrenner. Freilich, sein Weidmannstum darf hier nicht vergessen werden. Die Jägerei ist ihm gerade so sehr am Herzen gelegen wie die edle Bergsteigerei! in der idyllisch gelegenen Berg- und Festungsstadt am Inn, in Kufstein, die Franz Nieberl für sein Wirken so manchen Dank schuldet, die er seit Jahrzehnten bewohnt und die er in seinem Buch besungen hat, bringen ihm die Menschen, die ihm begegnen, Hochachtung und Verehrung entgegen. So wie der „Wilde Kaiser", so ist auch Kufstein ohne Franz Nieberl nicht zu denken.
Im Jahre 1935, als der „Kaiserpapst" seinen 60, Geburtstag feierte, lernte ich ihn persönlich kennen. Aus seinen vielen Aufsätzen war mir seine Persönlichkeit reichlich bekannt. Darum wurde ich auch einer seiner getreuen Verehrer. Es dauerte lange, bis das Eis gebrochen war. Ich durfte einer Einladung zu einem mittäglichen Auerhahnessen in Nieberls altem Tuskulum in Sparehen folgen. Spät erst kam es zur ersten gemeinsamen Bergfahrt. Das Lärcheck im Ostkaiser war unser Ziel. Nach einer Spielhahnjagd in der Umgebung des Stripsenjochs (nie werde ich den Sonnenaufgang über dem Watzmannstock und den Leoganger Steinbergen vergessen und die goldene Sonnenpracht, die den Fels des Totenkirchls erfüllte) brachen wir zu dritt ins Griesener Kar auf. Der Dritte im Bunde war mein lieber Bergkamerad Emil Jankowitsch. Die wenigen Seillängen vom Griesschartl durfte ich als Erster führen. Ida, war nicht wenig stolz darüber. Es wurde eine wunderschöne Bergfahrt, die mir in kostbarer Erinnerung geblieben ist. Mögen andere Fahrten schwerer und erlebnisreicher gewesen sein! An manches Alpenvereins-Stiftungsfest erinnere ich. mich. Beim „Peter" auf „Strips', in Hinterbärenbad beim "Franei" (Weinberger), beim "Kaindl-Much" am Steinberg, in der Hinterdux. Da ging's lustig zu. Bei Mandoline und Bergsteigerliedern ging der Wein nicht aus. Die Gams hatte Franz Nieberl aus seinem Revier mitgebracht.
Viele, viele Bergsteiger aus Tirol, aus Bayern, aus dem weiten Osterreich werden ihre Glückwünsche darbringen. Aus dem markanten Bergsteigerantlitz wird der Glanz jung gebliebener Augen in Freude leuchten. Freude, die wir an unserem Jubilar so gerne sehen. Die Kaiserkrone haben wir, als wir noch. junge Kaiserfelsstürmer waren, in Anwesenheit des lieben, längst schon heimgegangenen Kaindl-Much, Franz Nieberl überreicht. In seinem reichen Bergsteigerarchiv soll sie immer noch nach diesen Jahrzehnten einen Ehrenplatz einnehmen. Was konnten wir anderes aus ganzen, treuen Bergsteigerherzen wünschen, als daß sich Franz Nieberl noch viele Jahre voller Gesundheit erfreuen möge Und daß er mit uns den 100. Geburtstag feiern möge! Mit den alten Kameraden! Das walte ein gnädiger Gott!
W. Rudolt
Quelle: Der Bergsteiger 1963/64, Heft 9, Seite 659-661

Quelle: Der Bergkamerad 1964/65 Seite 127, 397 und 505

Großer Ehrenabend für Franz Nieberl
Die Sektion Kufstein gab am 24. Februar 1965 einen Ehrenabend für ihren verdienten Ehrenvorstand. Anlaß dazu gab die Vollendung des neunten Lebensjahrzents des Mannes, der als großer Bergsteiger überall in den Alpen zu Hause war, dessen Bergsteigerherz aber dem Kaisergebirge gehörte:
Franz Nieberl.
Ein Streichquartett leitete mit festlicher Musik den Abend ein. Vorstandstellvertreter Dr. Drechsler entbot seinen herzlichsten Gruß dem geistig wie körperlich frischen Jubilar, was mit stürmischem Beifall untermalt wurde. Dann wurden alle Gäste und Bergfreunde mit einem frohen Willkommgruß bedacht, im besonderen Bezirkshauptmann Hofrat Dr. Riccabona, die Stadtvertretung von Kufstein, Vertreter des Österreichischen sowie des Deutschen Alpenvereins und zahlreicher befreundeter Sektionen und der Obmann des Touristenvereins „Die Naturfreunde" von Kufstein. Der Festredner skizzierte den Lebensweg von Franz Nieberl. Am 24. Februar 1875 in Würzburg als Sohn eines königl.-bayrischen Beamten geboren, studierte er nach abgelegter Matura etliche Semester Forstwissenschaft, um dann die akademische Zöllnerlaufbahn einzuschlagen. In die Grenzstadt Kufstein kam Nieberl 1902 zum ersten Male. 1905 kam er wieder in das traute Städtchen zu Füßen des Kaisergebirges; es sollte seine zweite Heimat werden. Nieberls Vorgesetzter war damals Ostler, ein Kletterer von klassischem Rang. Er wurde der große Lehrmeister auf zahlreichen Fahrten ins Rofan- und Kaisergebirge. Spätere Seilgefährten waren u. a. Klammer, Kurz, Dietl, Wolchowe, Zettler, Schlemmer.
Nach dem ersten Weltkrieg aus dem Gebiet der Drei Zinnen heil zurückgekehrt, trat der Jubilar die Nachfolge von, Anton Karg als Vorstand der S. Kufstein an. In vielen Aufsätzen trat er für die hohen Ideale des Bergsteigens ein, widmete sich im besonderen der Erschließungsgeschichte des Kaisergebirges und gab auch den theoretischen Belangen des Alpinismus in Wort und Schrift richtungweisende Impulse. Sein Buch „Das Klettern im Fels" war ja schon 1909 zum ersten Mal aufgelegt worden. Und 1925 erschien sein Buch „Erlebtes und Erdachtes".
Mit dem Haus am Stripsenjoch sind die Namen Nieberl und Kraft untrennbar verbunden. Vielen Bergsteigern, besonders aber der Jugend stand Franz Nieberl mit Rat und Tat zur Seite. Mit dem Wunsche zu weiteren glücklichen Jahren in Gesundheit und ungetrübter Lebensfreude wußte sich Dr. Drechsler mit allen Anwesenden einig. Dann ließen zwei ganz junge Gratulanten in Tracht, in frisch-fröhlicher Kinderart, Gereimtes aus Berg und Wald vortragend, Jubilar und Saal in schönste Stimmung kommen. Vorstand Christian Schwaiger überbrachte den besonderen Glückwunsch der Vorstandschaft und aller Mitglieder des Zweiges Kufstein. Er ging auf die Verdienste seines Vorgängers ein und betonte, daß Franz Nieberl schon 1923 das Grüne Kreuz (Nr. 16) verliehen bekam, daß er den Grundstein für eine
Hochtouristengruppe legte, als er 1925 schon die „Extremen" sammelte, und in Zusammenarbeit mit Josef Klammer zum Reorganisator des Bergrettungswesens wurde. Nicht nur der Alpenverein habe Franz Nieberl zu danken, sondern auch die Stadt Kufstein stünde in Dankesschuld. Christian Schwaiger bedankte sich namens der AV-Sektion auch bei der Gattin des Jubilars und übergab dem sichtlich gerührten Freund Nieberl als Zeichen des Dankes einen bezahlten Urlaubsaufenthalt für 2 Personen und 14 Tage in Südtirol. Der Beifall steigerte sich, als Bürgermeister R. Wahrstötter den Glückwunsch der Stadt überbrachte und das Ehrenzeichen der Stadt Kufstein an Nieberls Brust heftete, Dank und Anerkennung zum Ausdruck bringend.
Für den ÖAV und die Bundesjugendführung des Alpenvereins sprach Dr. Lechner und stellte Franz Nieberl als Vorbild für die Alpenvereins-Jugend hin. In der Persönlichkeit des Jubilars lasse sich wieder einmal die Schule der Berge als eine Schule fürs Leben erkennen, denn sie diente einem höheren Gedanken, stellte oft Kameradschaft vor Freundschaft und ließ in der Stille der Besinnung die Tat reifen. Das universelle Bergsteigertum Franz Nieberls möchte der jungen Generation verpflichtende Idee bleiben!
Dr. Kellerhals aus München überbrachte die Wünsche des Deutschen Alpenvereins. Der Tiroler Sektionenverband entsandte Dir. Hornsteiner als Gratulanten. Vom Club der alpinen Schiläufer, München, war Dr. Kreuter gekommen, um in launigen Worten den alten Freund Nieberl aufzumuntern, wenigstens beim „Weiterkraxeln" auf der Lebensleiter nicht müde zu werden, ja, ihn den 91 Jahre alten Klubbruder ruhig einmal einzuholen.
Die Sektion Bayerland, bei der Franz Nieberl seit 50 Jahren Mitglied ist, ließ durch Dr. Hartmann recht freundschaftlich gratulieren. Für die Sektion Oberland, München, beglückwünschte deren langjähriger Vorstand, Dir. Außerbauer, in wohlgesetzten Worten der Freude und nachbarschaftlichen Verbundenheit den Jubilar. Von der Oberlandhütte nahm einst der 20jährige Bergsteiger v. Bernhard schöne Erinnerungen an ein Beisammensein mit Franz Nieberl mit und brachte nun für den Verein zum Schutze der Alpenpflanzen und -tiere herzlichste Glückwünsche. Namens der Sektion Innsbruck gratulierte Dr. Krall. In heiterer Gedichtform trug Dr. Kuntscher vom Akademischen Alpenklub Innsbruck seine Glückwünsche vor, Rudi Seiwald vom Alp. Klub Karwendler markierte die gute Bergsteigernachfolge nach Nieberl (Gebrüder Aschenbrenner, F. Weinberger u. a.) und Schulrat Stricker brachte aus Wörgl von der jüngsten AV-Sektion, dem der Sektion Kufstein entwachsenen Kinde, beste Geburtstagswünsche.
Viele, die nicht dabei sein konnten, hatten Glückwunschadressen gesandt; darunter auch in treuer Verbundenheit der Alpenverein Südtirol. Nun stellte sich das gefeierte Geburtstagskind Franz Nieberl als Dankender vor den mit Beifall erfüllten Saal. Überwältigt von einer solchen Fülle herzlichster Liebes- und Freundschaftserweise, so betonte der Jubilar, sei das anfängliche Gefühl der Platzangst dem schönen Gefühl des Dankes gewichen. Dann blendete er kurz in die Zeit zurück, da im Reiche seines geliebten „Kaiser" noch keine Hütte am Stripsenjoch stand und er dankte dem Schicksal, daß er darin sein großes Erlebnis erfahren durfte, nicht zuletzt aber dankte er auch dafür, daß er in Kufstein eine so schöne Heimat gefunden hat. Nach schönen Lichtbildern aus dem Kaisergebirge und frohem Liederklang war die mitternächtliche Stunde nahegerückt. Ein großer Ehrenabend hatte die schnellebige Zeit vergessen lassen.
H. Gall
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1965, Heft 5/6, Seite 59-60

Franz Nieberl 90 Jahre.
Am 25. Februar 1965 wurde Franz Nieberl in Kufstein 90 Jahre alt. Er ist einer der wenigen, die noch aus der nachklassischen Epoche des Bergsteigens in die Gegenwart herüberragen, ein Mann, der sich eines reichen Lebens freuen darf. Als Bergsteiger, alpiner Schriftsteller, Vortragsredner und nicht zuletzt als „Kaiserpapst" wurde er weit bekannt und gewann in Bergsteigerkreisen viele Freunde.
Nieberl wurde in Würzburg geboren, ist der Abstammung nach ein echter Altbayer, der sich fast zum Tiroler wandelte. Er studierte in Aschaffenburg und München und wurde Zöllner. Als junger Praktikant lernte er im Berchtesgadner Winkel die Berge kennen, denen er mit unerschütterlicher Liebe und Treue verbunden blieb. Nach seiner Versetzung nach Kufstein lernte er in Bergsteigern wie Ostler und Klammer Lehrmeister und Seilkameraden kennen, die es ihm erlaub-ten, an die großen und schwierigen Fahrten seiner Zeit heranzugehen. Mit Ostler gelang ihm die 5. Durchkletterung der Marmolata-Südwand, mit Dülfer im Kaiser die Erstbegehung der Nordwand der Kleinen Halt. Obwohl er sich mit der Verwendung künstlicher Hilfsmittel beim Klettern nie recht befreunden konnte, wollte er auf die modernen Fahrten vor dem Ersten Weltkrieg, wie die Fleischbank-Ostwand, nicht verzichten. Das Totenkirchl, seinen Lieblingsberg, bestieg er von allen Seiten, als 78jähriger zum 92. Male. Es gibt in den Nordabstürzen einen Nieberlkamin, den er im Alleingang bewältigte. Die Alpen durchstreifte er kreuz und quer und betrat, vielfach mit Schlemmer und Zettler gehend, die Gipfel von etwa 60 Viertausendern. In den Pyrenäen und in Korsika lernte er auch außeralpine Berge kennen.
Nieberl blieb stets ein Alpenvereinsmann. Der Sektion Kufstein war er jahrzehntelang ein umsichtiger und temperamentvoller Vorstand. In der Sektion Bayerland und im Österreichischen Alpenklub suchte und fand er bergsteigerische Artgenossen von der „schärferen Richtung". Überall wurde er für sein Wirken und seine Treue mit hohen Ehren bedacht.
Als alpiner Schriftsteller trat Franz Nieberl mit vielen Auf-sätzen hervor. Als sein erstes Buch erschien 1909 „Das Klettern im Fels", ein Lehrbuch, das viele Auflagen erlebte. In Auszügen aus alten Tourenbüchern stellte er „Die Erschließung des Kaisergebirges" zusammen und auch seiner Sektion Kufstein stetzte er durch ein Buch ein Denkmal im alpinen Schrifttum. Seine letzte verdienstvolle Arbeit war die Neubearbeitung des „Kaiserführers" von Dr. Georg Leuchs. Der Bergsteiger, Naturfreund und Waidmann Nieberl stellte sich in seinem Erlebnisbuch „Erlebtes und Erdachtes" (1925) vor. Hier legte er auch sein bergsteigerisches Bekenntnis ab: „Mir sind die Berge alles geworden: Hohe Warte für den Tiefblick, Jungbrunnen, Sportgerät, Zuflucht in tiefem Leid, Festsaal der Freude….."
Möge ihm noch recht lange Freude an den Bergen und am Leben beschieden sein.
Am 24. Februar veranstaltete die Sektion Kufstein des ÖAV zum 90. Geburtstag ihres Ehrenvorstandes Franz Nieberl einen Festabend, bei dem Erwin Kellerhals die herzlichen Glückwünsche des DAV übermittelte.
F. Sch.
Quelle: DAV Mitteilungen 1965, Heft 2, Seite 53-54

Quelle: Alpinismus 1965, Heft 2, Seite 44 f

Abschied von Franz Nieberl
Kufstein, der Wilde Kaiser und „der Nieberl", die gehörten nicht nur für uns vom Alpenverein, zu dessen „großen Alten" Franz Nieberl zählte, sondern für die ganze Bergsteigerschaft seit Jahrzehnten eng zusammen. So wollten wir es kaum glauben, daß der fast 94jährige nach kurzem Leiden am 18. August für immer von uns gegangen sei, nachdem er erst wenige Tage vorher noch seiner geliebten Oberland-Hütte im Spertental einen Besuch abgestattet hatte. Eine nach mehreren Hunderten zählende Schar aus nah fand fern fand sich mit seiner Familie am Kufsteiner Friedhof ein, als seine Bergkameraden den Ehrenvorstand des Alpenvereinszweiges Kufstein zu Grabe trugen und eine lange Reihe von Sprechern der vielen großen und kleinen Gemeinschaften, denen er in seinem langen Leben in vorbildlicher Treue anhing, für immer von ihm Abschied nahm. Zunächst entbot Bürgermeister LA Wahrstötter dem allbekannten, beliebten und mit Ehren bedachten Bürger die letzten Grüße der Stadt Kufstein, die dem Würzburger seit der Jahrhundertwende, da er sie als junger Beamter des bayerischen Zollamtes erstmals betrat, zur bleibenden Heimat geworden war. Aus den Worten seiner studentischen Korporationsbrüder von München, Würzburg und dem von ihm mitbegründeten Waffenring Kufstein, wie aus den Nachrufen der Sprecher des österr. Turnerbundes, der DAV-Sektion Bayerland und des Akad.AV-München, die ihm durchwegs für über 60jährige Mitgliedschaft dankten, ebenso wie aus dem Munde des Vertreters seiner ehem. Dienststelle klang übereinstimmend die Trauer um den guten Kameraden und stets hilfsbereiten Menschen Nieberl, dessen offene, geradlinige Art ihm alle Herzen gewann. Der ÖAK nahm durch Präsident Dr. h. c. Rind (Wien) Abschied von seinem Ehrenmitglied und der 2. Vorsitzende des DAV, Sen. Präs. Dr. Faber (München) dankte namens der deutschen Bergsteiger dem Toten vor allem für sein umfangreiches Wirken als alpiner Schriftsteller und Vortragender. Im Namen des OeAV würdigte der VA-Vorsitzende Dr. Pfeningberger (Innsbruck) die großen Verdienste Franz Nieberls besonders als Zweig-Vorsitzender von 1919—1945. Als letzter gedachte Schatzmeister Beimpold als Sprecher des Zweiges seines verewigten Ehrenvorsitzenden, der schon 1924 zu den ersten Trägern des „Grünen Kreuzes" zählte und 1950 die Ehrenmitgliedschaft verliehen erhielt. Vielfaltig und besonders verdienstvoll war auch sein Bemühen um das Bergführerwesen und Bergrettungswesen, vor allem aber die Förderung der Bergsteigerjugend. Im weiten Kreis des Alpenvereins dies- und jenseits der Grenzen werden nicht nur die glanzvollen Hauptversammlungen von 1937 und 1967 allen Teilnehmern mit der Erinnerung an Kufstein auch jene an den „Kaiserpapst" lebendig halten, sondern vor allem auch seine in Büchern, ungezählten Aufsätzen und köstlichen Schilderungen niedergelegten Gedanken, die uns als teures Erbe eines großen Bergsteigers verbleiben.
So wird Franz Nieberl, der auch die Chronik seines 90jährigen Zweiges Kufstein schrieb, nicht nur in deren Annalen, sondern vor allem in den Herzen seiner Freunde und aller, die ihn kannten, stets einen Ehrenplatz behalten.
G.
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1968, Heft 9/10, Seite 146

Quelle: Alpinismus 1968, Heft 10, Seite 46
Quelle: Der Bergkamerad 1967/68, Seite 589 f
Quelle: Der Bergsteiger 1986, Heft 10, Seite 56

Geboren am:
25.02.1875
Gestorben am:
18.08.1968
application/pdf Nieberl Franz - ÖAZ 1968-1362, Seite 139.pdf
application/pdf Franz_Nieberl_-_BST_1986-10.pdf

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