Finsterwalder Karl
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Biografie:
Ehrung verdienter Mitarbeiter
Im Rahmen einer Feierstunde in den Amtsräumen des Verwaltungsausschusses des OeAV in Innsbruck wurden am 28. Juli 1960 zwei langjährige verdienstvolle Mitarbeiter des Vereins aus Anlaß der Vollendung ihres 60. Lebensjahres geehrt:
Univ.-Prof. Dr. Finsterwalder ist schon seit 1926 als freier Mitarbeiter für die Alpenvereinskartographie tätig, an welcher Stelle der als Namenkundler weitum bekannte Fachgelehrte nicht nur umfangreiche Forschungen an den Quellen der Flur- und Geländenamen anstellen, sondern auch maßgeblich zu deren unverfälschter Erhaltung für die Zukunft beitragen konnte. Wer die auf den meisten anderen Kartenwerken oft nur sehr mangelhaften oder arg verballhornten Namensbezeichnungen mit jenen der Alpenvereinskarten vergleicht, wird die Bedeutung der auf so vielen Kartenblättern verewigten Arbeit des Jubilars, der seinerseits dem Alpenverein für die ihm vielfach erst durch dessen Aufträge ermöglichten Forschungsergebnisse dankte, erst voll zu würdigen wissen. Zusätzlich zur Bearbeitung der Namen hat Prof. Finsterwalder vielfach auch wertvolle Mitarbeit bei der gerade im Hochgebirge oft fehr schwierigen Aufnahme der Wege und Steige geleistet und damit auch wesentlichen Anteil an dieser für den Bergsteiger besonders wichtigen Seite der Alpenvereins-Kartographie.
Beide Jubilare, die in offensichtlicher Rührung Dank und Anerkennung des Vereins entgegennahmen, stehen erfreulicherweise noch in voller Schaffenskraft auf der Höhe ihres Wirkens. Dr. v. Schmidt-Wellenburg leitet als dienstältester Beamter des OeAV dessen Vereinskanzlei und Professor Finsterwalder arbeitet eben an der neuen Alpenvereinskarte der Mieminger-Wetterstein-Gruppe, deren erstes Blatt zu Weihnachten 1960 mit dem diesjährigen Jahrbuch des OeAV erscheinen wird.
Der ganze Österreichische Alpenverein, sein Haupt- und Verwaltungsausschuß und die Mitarbeiter der beiden Geehrten, schließen sich den durch den Ersten Vorsitzenden ausgesprochenen Wünschen mit einem herzlichen „ad rnultoa annos" an.
G.
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1960, Heft 8/9, Seite 100
Karl Finsterwalder zum 70. Geburtstag des Namensforschers der Alpenvereinskartographie.
Drei Umstände wirken zusammen, wenn wir heute die Alpenvereinskarten zu den besten Hochgebirgskarten der Welt rechnen dürfen: Eine lückenlose Aufnahme des Geländes mit Hilfe der Stereophotogrammetrie, eine genaue und anschauliche Felsdarstellung und eine sprachwissenschaftlich einwandfreie Beschriftung. Diese Aufgaben lagen bei den neueren Alpenvereinskarten in der Hand von drei hervorragenden Fachleuten, Dipl.-Ing. Erwin Schneider, Dipl.-Ing. Fritz Ebster und Univ.-Prof. Dr. Karl Finsterwalder. Der Letztgenannte vollendete heuer sein 70. Lebensjahr (geb. am 14. April 1900 in Rosenheim). Dazu sind ihm von vielen Seiten Glückwünsche zugegangen. Er ist ja als Namenforscher ein Gelehrter von internationalem Rang. Unter seinen zahlreichen Veröffentlichungen ragt vor allem das große Werk „Die Familiennamen in Tirol und Nachbargebieten und die Entwicklung des Personennamens im Mittelalter" hervor (Schlern-Schriften 81, Innsbruck 1951 ). Nicht minder verdienstvoll ist die Herausgabe des „Wörterbuches der Tiroler Mundarten" von Josef Schatz (Schlern-Schriften 119 und 120, Innsbruck 1955/56), desgleichen seine Mitarbeit an der Herausgabe der Tiroler Weistümer. Wohl würdigt auch der Alpenverein Karl Finsterwalder als einen bedeutenden Erforscher der alpinen Kulturwelt, wichtiger ist aber für uns, daß wir in ihm einen Mitarbeiter für die Alpenvereinskartographie gefunden haben, wie man sich einen besseren nicht vorstellen könnte. Als Schüler des Tiroler Mundartforschers Josef Schatz kennt er vor allem die in den österreichischen Alpenländern gesprochenen bairischen Mundarten bis in alle ihre Feinheiten. Als geübter und ausdauernder Bergsteiger durchzog er seit 1926, wo ihn sein Vetter Richard Finsterwalder als Mitarbeiter für die Glocknerkarte gewonnen hatte, jeden Sommer monatelang die aufzunehmenden Gebirgsgruppen. Selbst ein Freund eines einfachen und genügsamen Lebens, fand er leicht den Zugang zu den Bauern, Hirten, Förstern und Jägern, die ihm als Quelle für die im Volke lebendigen Namen dienten. Karl Finsterwalder hat so die unmittelbare Beziehung zur Landschaft und ihren Bewohnern geschaffen, die bei den modernen Aufnahmeverfahren weitgehend verloren gegangen ist, die aber doch für die Gestaltung eines wirklich sprechenden Karteninhaltes unentbehrlich ist. Im ganzen gesehen, stehen im wissenschaftlichen Lebenswerk von Karl Finsterwalder hinter den genannten großen Büchern seine namenkundlichen Forschungen nicht zurück; reichen diese doch über die ganzen westlichen Ostalpen hinweg, angefangen von der Silvretta bis zur Glocknergruppe und zum Toten Gebirge. Die sprachwissenschaftlichen Ergebnisse sind in zahlreichen Abhandlungen niedergelegt, die großenteils in den Alpenvereins-Jahrbüchern erschienen sind. Darin werden vor allem die Regeln und Grundsätze der Namengebung im Gebirge besprochen und das Namengut selbst sprachgeschichtlich erläutert. Dabei ergeben sich viele neue Einblicke in die Volks- und Siedlungsgeschichte der Alpenländer und viele rätselhafte urtümliche Ortsnamen konnten erklärt werden. In erster Linie fanden diese Forschungen aber ihren unmittelbaren praktischen Niederschlag in den Alpenvereinskarten, deren Nameninhalt sprachlich und kartographisch der großen geodätischen Genauigkeit der Karten voll entspricht. Karl Finsterwalder mußte dabei freilich wirkliche Grundlagenforschung betreiben. Die an sich anerkennenswerte alte österreichische Spezialkarte 1:75.000 kam ja schon wegen des kleineren Maßstabes als Quelle nicht in Betracht; außerdem enthält sie viele mißverstandene und entstellte Namen, waren doch in der alten österreichisch-ungarischen Monarchie vielfach tschechische und ungarische Mappeure bei der Landesaufnahme in den Alpenländern eingesetzt gewesen. Karl Finsterwalder war auch aus einem anderen Grund für die Mitarbeit in der Alpenvereinskartographie besonders geeignet. Als Schüler der Münchener Geographen E. v. Drygalski und L Distel sowie des Geologen K. Leuchs ist er nämlich auch ein voll ausgebildeter Geograph, der Sinn und Verständnis für den Bau und die Formen des Gebirges hat. Er war so auch unmittelbar zu topographischen Arbeiten befähigt, insbesondere bei der Aufnahme der Wege, die ja photogrammetrisch nicht überall erfaßbar sind. Bei diesen topographischen Ergänzungen ist es nötig, daß der Aufnehmende auch mit einem leeren Schichtenplan umzugehen weiß. Ein besonderes kartographisches Verständnis ist aber auch bei der Namenarbeit erforderlich. Es geht ja dabei nicht nur um die richtige Auswahl, sondern auch um die Gliederung, die Größe und die Stellung der Namen auf der Karte. Es muß auch beachtet werden, daß die Felsdarstellung durch die Namen möglichst wenig unterbrochen und gestört wird. In allen diesen Punkten hat Karl Finsterwalder beispielgebend gewirkt. Mit Recht steht daher sein Name auch in der Legende unserer Alpenvereinskarten. Er dürfte freilich auch dort nicht fehlen, wo die Alpenvereinskarten in irgend einer Form gewürdigt werden.
Für den Österreichischen Alpenverein war der 70. Geburtstag von Karl Finsterwalder ein willkommener Anlaß, um ihm in einer würdigen und stimmungsvollen Feier in Anwesenheit der jetzigen und früheren Sachwalter des Verwaltungsausschusses und aller Mitarbeiter in der Kanzlei und in der Alpenvereinskartographie neben herzlichen Glückwünschen auch den aufrichtigen Dank für sein erfolgreiches 45jähriges Wirken im Dienste der Alpenvereinskartographie auszusprechen. Wir verdanken Karl Finsterwalder ein vertieftes Verständnis nicht nur für die Landschaft, sondern auch für die Menschen im Gebirge, deren Fühlen und Denken sich in den Namen offenbart. Ihm selbst mag es die schönste Genugtuung sein, daß die Alpenvereinskarten mit ihren Tausenden von Namen wertvolles Volksgut vor dem Vergessen bewahren werden.
Hans Kinzl
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1970, Heft 9/10, Seite 175-176
Mitteilungen des DAV 1985, Seite 119
Geboren am:
14.04.1900