Kühn Hermann
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Biografie:
Dr. Hermann Kühn, Heidelberg, 1972 Rheintal, + Absturz durch Wächtenabbruch Weißmies Westgrat
Dr. Hermann Kühn war ein hervorragender Bergsteiger. Er hatte viele große Bergtouren unternommen. Hermann Kühn kletterte im Rheinland, in der Eifel, in Belgien und fuhr oft in die Alpen, viel in die Westalpen. Extreme Klettertouren in den Dolomiten, vor allem in der Bosconerogruppe, waren sein Ziel.
Er war der Lehrmeister des acht Jahre jüngeren Reinhard Karl. Mit ihm zusammen gelang ihm 1966 bis 1969 Eiger-Nordwand, Grandes Jorasses-Nordwand "Walkerpfeiler", Droites-Nordwand, Triolet-Nordwand und andere schwere Begehungen. 1970 war er Teilnehmer der Nanga Parbat-Expedition. Von 1978 bis 1984 glückten ihm große Unternehmungen in Kolumbien, Grönland und Mexiko.
Mit einer abbechenden Wächte stürzte Hermann Kühn 1988 am Westgrat der Weißmies 300 Meter tief auf den Rottalgletscher.
1966 Beg. Eiger-Nordwand "Heckmair Route",V,1800 HM,3970m, (Berner Alpen)
1967 Beg.Grande Jorasses-Nordwand "Walkerpfeiler",VI/A1,bis 60°1200 HM,4208m, (Montblancgebiet)
1968 Beg.Aiguille de Triolet-Nordwand,3870m, (Montblancgebiet)
1969 1.Beg.Disgrazi-Kühnkante,VI+, (Battert,Nordschwarzwald)
1969 5.Beg.Droites-Nordwand "Davaille-Cornuau",V/A1,Eis 70°,1100 HM,4000m, (Montblancgebiet)
1970 Teilnehmer Nanga Parbat Expedition, (Karakorum,Pakistan)
1970 1.Best.Pyramid Peak,1500 HM,ca.5100m, (Himalaya,Pakistan)
1975 Beg.El Capitan "The Nose",VI+/A2,900 HM,2307m, (Yosemite Valley)
1975 Beg.Half Dome-Nordwestwand,VI/A3,850 HM,2698m, (Yosemite Valley)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu
Dr. Hermann Kühn
6. Januar 1939 - 29. März 1988
Am Gründonnerstag berichteten es die Zeitungen: Mit einer abbrechenden Wächte sei Hermann Kühn vom Westgrat der Weißmies zu Tode gestürzt. Mit einer Wächte! Hermann, den wir so umsichtig wissen, so erfahren in Fels, Eis, Firn und Schnee! Wir verstehen es nicht...
„Dienstag, 29. März: Nach soviel wechselhaftem Wetter mit wenig Schnee und viel Wind endlich ein strahlend schöner Tag. Hermann und Dieter lassen die Ski auf dem Triftgletscher und steigen die angenehm firnige Flanke zum Westgrat der Weißmies auf, jeder für sich, wie üblich im mäßig schwierigen Gelände. Bei 3800 Meter erreichten sie den dort breiten Gratrücken, weit hängen die Wächten in die Steilabbrüche der Südseite. Ein Ruf, ein plötzliches Geräusch läßt Dieter herumfahren: Er sieht Hermann kopfüber in die Wand stürzen, dann die Leere, wo eben noch der Freund ging, der Ausbruch..... Hermann Kühn wurde mehr als 300 Meter tiefer auf dem Rottalgletscher gefunden; er muss gleich tot gewesen sein.
Im Jahr 1972 siedelte Hermann Kühn zusammen mit seiner Familie ins Rheinland um. Wir merkten schnell, dass hier ein hervorragender Bergsteiger zu uns gestoßen war.
Doch erst nach jahrelanger Freundschaft erfuhren wir allmählich, welch große Bergtouren er bereits unternommen hatte. Hermann war ein stiller, bescheidener Mensch. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Alpinist, guter Kamerad und Freund, sondern ein Wissenschaftler mit internationaler Anerkennung; seine zudem musische Begabung zeigte er als Klarinettist in einem Orchester.
Hermann Kühn war der Lehrmeister des acht Jahre jüngeren Reinhard Karl. In seinem Buch „Erlebnis Berg“ beschrieb Reinhard die großen gemeinsamen Touren der Jahre 1966 bis 1969 (Eiger-Nordwand, Walkerpfeiler, Droites - Nordwand, Triolet - Nordwand und andere). Dann trennten sich ihre Wege. Zum Nang Parbat und seiner Rupalflanke waren 1970 beide eingeladen, doch nur Hermann konnte teilnehmen. Den Gipfel allerdings erreichten andere: die Brüder Messner, Felix Kuen und Peter Scholz.
Reinhard schrieb, dass er den „Rückfall“ ins bürgerliche Leben zu vermeiden suchte. Hermann dagegen fand neben dem Bergsteigen die größere Breite des menschlichen Lebens in der Ehe, seiner Familie, den anspruchsvollen biochemischen Forschungsarbeiten, der Musik. Reinhard glaubte, „Hermann ist in den chemischen Labors eines Instituts verschwunden, die Familie sägt ihm die restlichen Wurzeln ab“. Hier irrte er!
Denn Hermann kletterte auch im Rheinland, in der Eifel, in Belgien. Und er fuhr in die Berge. Hermann führte ein reich ausgefülltes Leben, seiner Frau und den beiden Söhnen innig zugetan. Natürlich wurden die Klettertage, die Bergwochen seltener. Aber erstaunlich viele große Unternehmungen glückten ihm in den Jahren 1978 bis 1984: Bergfahrten in Kolumbien, Grönland und Mexiko, Felstouren, bevorzugt in den Westalpen sowie Skitouren. In den letzten Jahren widmete sich Hermann wieder mit großer Begeisterung dem extremen Felsklettern in den Dolomiten, wobei ihm die Bosconerogruppe ganz besonders ans Herz wuchs. Hermann steckte immer voller Pläne. m November 1987, von der sonnigen Grauen Wand kommend, träumten wir voraus, wieder den Granit der Urner Alpen zu besuchen: „Nächstes Jahr!“. Es wird nicht mehr sein. Nur die Erinnerung bleibt. Zuwenig!
Sigurd Herbst
Quelle: Der Bergsteiger 1988, 55. Jahrgang, Heft 6, Seite 101
Geboren am:
06.01.1939
Gestorben am:
29.03.1988