Fortner August

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Biografie:
August Fortner
Es ist erwiesen, dass nur das Zusammenstimmende uns erfreut und dass Verhältnisse, die unter der Einwirkung der Harmonie entstanden sind, uns besonders tief anmuten. Wenn nun auch ein Zusammenklang mit der herrlichen Natur der Alpenwelt im Gemüt des Mannes bestehen soll, um eine solche Einheit hervorzurufen, so hat uns August Fortner stets ein liebes Bild dessen dargestellt. Wenn er aus der Stadt in feine Berge zog, betrat er eine höhere Heimat, wo die Empfänglichkeit für alles Schöne reichste Nahrung empfing. Er war eine harmonische Persönlichkeit, von Treue für seine Freunde und von Lauterkeit gegen jedermann beseelt, ein ehrenfester deutscher Mann, gütig, hilfsbereit und arbeitsfreudig. Allein auf den Bergen, im Angesichte der Erhabenheit, die uns dem Himmel nähert, der die ragende Gotteswelt verklärt, kam erst der verborgene Glanz seines Wesens zu voller Sichtbarkeit.
Bei seinen Bergfahrten mangelte es nie an gründlicher Vorbereitung aus Karten und Reisewerken, um dann die Berge als traute, ihm schon bekannte Gestalten begrüßen zu können. Er besaß die Gabe, sich auf zweifelhaften Pfaden mit sicherem Blick zurechtzufinden, da er sich vorher die Gliederung des Gebirgsstockes in seinen Hauptzügen eingeprägt hatte. Er machte auch treulich den Führer im Verein mit unserem gleichfalls verewigten Freunde Arthur v. Schmid, und es war ergötzlich zu hören, wenn die beiden zuweilen über eine Richtung im Widerspruch standen und der bescheidene Fortner gegen den vielerfahrenen Schmid im Rechte blieb.
Dass ein Mann wie Fortner, dem die Verehrung der Berge eine Art unbewußten Gottesdienstes war, auch dem Erschließer der heimischen Bergriesen und Gletscherwelt, dem Schützer, Förderer und Gestalter der Bergfreunde, dem Alpenverein ein treuer und begeisterter Anhänger war, ist einleuchtend. Der S. Graz widmete er als langjähriges Ausschuß-Mitglied seine volle Arbeitskraft und es gab keine Monats-Versammlung, bei der er fehlte. Und als auf der Generalversammlung in München im Jahre 1894 Graz als Vorort für die nächsten drei Jahre gewählt wurde und der Zentralausschuß in unserer Stadt unter dem Vorsitze Dr. Alexander Riglers zu walten begann, da gehörte diesem auch Fortner als Mitglied an; und das Amt des Kassenführers, das er innehatte, konnte keiner berufeneren Arbeitskraft anvertraut sein.
Der Alpenverein stand wie eine auf deutschsprachigem Boden festgegründete Burg vor seinen Augen, und wenn auf Generalversammlungen die vaterländischen Fahnen wehten und die Festgäste heranriefen, da zögerte er nie, dieser Einladung in gehobener Stimmung Folge zu leisten. Und diese Anhänglichkeit an den Alpenverein war bei ihm so ausgesprochen, daß er sich überall Freunde erwarb, die zu dessen besten Männern gehörten. Den Horazischen Spruch: utilo cum dulci befolgte er dabei unbewußt und er gab sich der Festfreude ebenso herzlich hin wie der ernsten Beratung im Sitzungssaals. Wie viele heitere Stunden gab es in dem schönen Bozen und Meran, wo Fortner in der vom festlichen Weihrauch durchzogenen Luft schwelgen und im Kreise seiner Freunde sich der mit guten Tropfen gewürzten Geselligkeit hingeben konnte, mit dem-Bewußtsein, dass diese seine Freude dem geliebten Alpenverein galt.
Redner an Festtafeln war er nicht. Nicht einmal was er tatsächlich in reichem Maße besaß: Humor, brachte er jemals in öffentlicher Rede zutage. Denn es war eben ein stiller, verschlossener Humor, der nur im engsten Freundeskreise und bei besonderen Anlässen zum Vorschein kam. Besonders in Krimml, in der traulichen Wirtsstube der Frau Waltl, wo sich die Grazer Freunde mit den Warnsdorfern oft zusammenfanden, trieb der Lenz der Geselligkeit reiche humoristische Blüten bei dem sonst stillen Fortner. Und es geschah regelmäßig vor dem Beginn der eigentlichen Bergfahrten, dass sich die Grazer, darunter Arthur v. Schmid und Alexander Rigler, in Krimml sammelten, im Arbeitsgebiete der Sektion Warnsdorf, mit deren immer rührigem Obmann Ernst Berger sie treue Freundschaft verband. In diesem Kreise fühlte sich Fortner, von seinen Freunden und der herrlichen Krimmler Landschaft umgeben, besonders wohl.
Aber nicht nur in Krimml und in Tirol, auch daheim in der Steiermark war er immer ein Sohn der Berge, obgleich seine Wiege in der Stadt Prag stand, wo er am 29. August 1840 geboren wurde. Sein Vater war als Silberarbeiter ein Künstler von Ansehen und Ruf, der dann nach Wien übersiedelte. August Fortner besuchte die Mittelschule und arbeitete dann rastlos an seiner Ausbildung. Begabt mit einem natürlich feinen Blicke für alles Echte, machte er das Beste, nicht nur der alpinen, sondern auch der schönen Literatur zu seinem geistigen Eigentums. In seinem unbefangen natürlichen Urteile fäh er Licht und Schatten oft deutlicher als die zünftigen Herren.
Besondere Hingebung brachte er Werken entgegen, die das Leben der Steiermark in geschichtlicher Darstellung behandelten, wie er denn überhaupt die steirische Mark als sein eigenes Heimatland betrachtete. Er war zuerst in einem großen Wiener Handlungshause tätig; seine Lebensstellung erlangte er im Dienste der Radmeisterkommunität, jener vornehmen Bergherren und altsteirischen Patrizier, die mit alleinigem Rechte nach dem Eisen des berühmten Erzberges schürfen durften. Von Vordernberg führte ihn jeder Feiertag auf die Gipfel, die prächtig den alten Eisenort umkränzen; und hier ward die Liebe zu den Bergen in sein Herz gepflanzt und wuchs und blühte darin bis in sein spätes Alter.
Als dann die neuen Verhältnisse der Industrie es mit sich brachten, dass sich die Radmeisterkommunität auflöste, trat Fortner im Jahre 1884 mit dem Range eines Oberbuchhalters in den Beamtenstand der steiermärkischen Sparkasse über. In dieser mit vaterländisch vornehmem Geiste geleiteten Anstalt hatte er ein Feld für seine Tätigkeit gefunden, in deren Pflege die eigene Zufriedenheit sich mit der seiner Vorgesetzten zusammenfand, zumal der Kanzleidirektor Dr. Wilhelm v. Kaiserfeld in der Wertschätzung seiner gediegenen Eigenschaften Fortners persönlicher Freund wurde. Und seine neue Heimatstadt, das schöne Graz, schloß Fortner wieder innig in sein Herz, umso mehr, als ihm ein überaus glückliches Familienleben den Aufenthalt in der schönen Murstadt doppelt traulich gestaltete. Nur der Umstand, dass sein Sohn in das Justizministerium nach Wien berufen wurde, veranlaßte ihn, auch in die Reichshauptstadt zu übersiedeln. In Ausführung dieses Entschlusses trat Fortner im Jahre 1911 als Oberbuchhalter der Steiermärkischen Sparkasse in den Ruhestand und schied von seinem geliebten Graz, wo er sich so mannigfaltiger gemeinnütziger Tätigkeit hatte widmen können. Denn er war viele Jahre hindurch auch Direktions-Mitglied des steiermärkischen Musikvereines und dessen Kassenführer, welches Amt er mit solcher Umsicht und Hingebung verwaltete, dass ihn der Verein bei seinem Scheiden aus Dankbarkeit zum Ehrenmitgliede ernannte. Ebenso war er in der Zweig-Schillerstiftung Ausschußmitglied und Kassenführer. In Wien ging all diese Tätigkeit verloren und darum konnte er sich auch nicht mehr so recht als der finden, der er war.
Freilich war auch in Graz der alte Freundeskreis vermindert, so viele waren gestorben: Artur v. Schmid schon im Jahre 1902, Alexander Rigler 1906, Professor Ed. Richter u. a. Die einstigen Oster- und Pfingstfahrten ins steirische Oberland, nach Tragöß, Oberwölz, Admont waren vorbei, die einstigen jugendlich fröhlichen Gefährten hatten vor dem eigentlichen Greisenalter nicht nur die steirische, sondern auch die irdische Heimat verlassen. Es schlich sich in Wien ein heimlicher Zwiespalt in sein Leben ein, dem er jedoch nie Worte lieh: einerseits der Zug nach dem liebgewohnten steirischen Boden, anderseits der Zug nach der ihm so gänzlich ans Herz gewachsenen Familie und auch nach dem geliebten älteren Bruder Emanuel Fortner, Hofrat i. R. des Finanzministeriums. In den letzten Jahren kam noch die böse Kriegszeit hinzu, die auf Fortners leicht erregbares Empfindungsleben Einfluß gewann. Es ging eine Veränderung in ihm vor. Vorläufer ernsteren Schwindens seiner Gesundheit meldeten sich. Am 24. Jun 1917 schloß er seine guten treuen Augen für immer. Er hat ja das Alter des Psalmisten überschritten und ist im 77. Lebensjahre von hinnen geschieden. Aber ein Verlust bleibt immer Verlust, ob sich Älter oder Jugend an ihn heften. Mögen diese Zeilen die Erinnerung an Fortner bei allen Mitgliedern des Alpen-Vereins wecken, die ihn gekannt haben, und sie werden ihm gewiß auch ein treues Andenken wahren.
Als er im Juni des Jahres 1911 aus Graz schied, wurde bei einem feierlichen Abschiedsmahle im Freundeskreise auch ein poetischer Abschiedsgruß gesprochen, aus dem einige Verse hier wiedergegeben seien:
Er wird auch künftig in uns leben
In seiner schlichten treuen Art,
Die stets sich konnte liebreich geben
In langer Jahre Gegenwart.
Als einfach und doch goldgediegen.
So sei sein Wesen uns gelobt.
Da konnte nie ein Zweifel liegen,
Es hat sich uns zu oft erprobt.
Graz. Dr. Wilhelm Fischer.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1918, Seite 37-38