Ritter Georg

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Biografie:
Ritter Georg "Schorsch", * Kleinheppach (Remstal,Württemberg), ab 1968 Freising

Der Schwabe Georg Ritter "Schorsch" hatte 1966 mit Bergsteigen begonnen. Er wurde ein Allrounder, dem ab Ende der 60er Jahre schwierigste Fels-und Eisanstiege gelangen.
Den Mount Everest bestiegen, auf dem Kanchenjunga gestanden und am Nanga Parbat eine der Toprouten im Himalaya eröffnet:
Schorsch Ritter ist eine ganz außergewöhnliche Bergsteigerpersönlichkeit,weit über die Sektion Stuttgart hinaus.In eine Remstäler Weingärtnerfamilie hineingeboren, lag es nahe,dass der junge Naturliebhaber nach der Mittleren Reife eine Gärtnerlehrean der Staatsschule für Gartenbau in Hohenheim absolvierte.Um sein Wissen über den Gartenbau weiter zu vertiefen, besuchte erdie Ingenieurschule in Weihenstephan, die er 1972 als Ingenieurabschloss. Seine Begeisterung für die theoretischen Zusammenhänge? speziell in der Landschaftsökologie und im damals reifenden
Umweltschutz ? führten ihn zum Studium an die TU München,welches er dann mit dem Diplom beendete. Nicht nur die graue Theorie hatte es ihm angetan, sondern auch die Arbeit im Gelände.
Bereits während des Studiums engagierte er sich bei umfangreichen Biotopkartierungen im deutschen Alpenraum. Nicht zuletzt war essein bergsteigerischer Hintergrund, der ihm die Tür zur beruflichen Karriere öffnete. Erst beim 2Alpeninstitut" in München, später dann in verantwortlicher Position bei der Stadt München.
Natürlich war es kein reiner Zufall, dass ihn das Studium in Richtung München verschlug - schließlich kam er den Bergen so ein gutes Stück näher. Begonnen hatte er mit dem Bergsteigen schon 1966.
Einer unvergesslichen Stubai-Durchquerung folgten erste Klettermeter im Blautal mit Freunden aus Endersbach. Mit Sepp Mack und Henry Scheer fand er großartige Seilpartner, mit denen er in derFolge große Routen machte. Unter anderem die Punta Civetta-Nordwestwand, den "Franzosenpfeiler" am Crozzon - es war die 10.Begehung der damals unter den Extremen hoch im Kurs stehenden Kletterei - und den "Schmuck-Kamin" in der Fleischbank-Ostwand. Nachdem er auch noch die Triolet-Nordwand und die Petites Jorasses-Westwand im Tourenbuch hatte, erhielt er die Einladung zu einer Expedition zum Pik Lenin im heutigen Kirgisien. Mit Sigi Hupfauer gelang ihm der 7134 m hohe Gipfel ohne jegliche Höhenprobleme.
Es war der Auftakt zum Höhenbergsteigen, seiner wahren Passion und das, obwohl das internationale Bergsteigertreffen im Pamir von einer großen Katastrophe überschattet war:
Fast die komplette russische Frauennationalmannschaft im Bergsteigenstarb am Berg - im Wettersturz, erschöpft, unter Lawinen.
Konditionell war Schorsch in Hochform. Zusammen mit Sepp Mack machte er die Ortler-Nordwand - in einem Zug von Söflingen aus,und kletterte die phantastische "Hemming" an der Dru-Westwand.
Die 5000er in Mexico, darunter der Popocatepetl, wurden der Reihe nach abgehakt, und gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau Inge und Hermann Kräss bestieg er in Südamerika mit dem Aconcagua und dem Illiamani zwei bekannte Fast-Siebentausender.
1978 wurde Schorsch von Prof. Dr. Herrligkoffer - auch diesmal wieder auf Empfehlung von Sigi Hupfauer - zur Mount Everest-Expedition eingeladen. Die Teilnehmerliste glich dem "who is who"
des deutschen und französischen Spitzenbergsteigens. Schorsch drängte sich damals wie heute nie in den Vordergrund und war in der alpinen Presse weitgehend unbekannt, doch Insider schätzten seine außergewöhnliche physische und psychische Leistungsfähigkeit. Erst kurz unter dem Gipfel benutzen er und eine Hand voll Expeditionsteilnehmer Flaschensauerstoff - nur wenige Wochen, nachdem es Reinhold Messner und Peter Habeler gelungen war, den höchsten Berg der Welt erstmals ohne künstlichen Sauerstoff, zu ersteigen. Wer in den 1970er und 1980er Jahren auf Expedition ins Himalaya fuhr, musste im Gegensatz zu den heutigen kommerziellen Angeboten noch "selber bergsteigen" und richtig schuften.Gemeinsam mit den Sherpas wurde der Khumbu-Eisbruch mit Seilen und Leitern versichert, und die Teilnehmer selbst transportierten Lasten bis zu 30 kg in die Hochlager.Schon zwei Jahre später wurde Georg von Herrligkoffer wieder zu einer Himalaya-Expedition eingeladen. Diesmal war das Ziel der Hauptgipfel des 8598 m hohen Kanchenjunga. Viele deutsche Expeditionen, darunter auch die legendären Kundfahrten von Paul Bauer zwischen den Weltkriegen, hatten sich jahrzehntelang an diesem schwierigen Achttausender versucht - ohne Erfolg. Dank seiner unglaublichen Leistungsfähigkeit gelang es Schorsch,unmittelbar bevor die Expedition beendet werden musste, in einem Parforceritt den Hauptgipfel zu besteigen. Er war zu diesem Zeitpunkt der erste Deutsche dort droben und sollte es für weitere 25 Jahre bleiben!
Schorsch war in der körperlichen Verfassung seines Lebens. Nach einem kurzen extremen Zwischentrip zum Klettern am norwegischen Trollryggen fuhr er abermals mit Herrligkoffer in den Himalaya. Auserkoren hatte man den Nanga Parbat und dort dennoch unbestiegenen Rupal- oder Südost-Pfeiler. Schon die Rupalflanke gehörte damals zu den anspruchsvollsten Routen auf einen Achttausender, aber am Südost-Pfeiler erwartete das Team einnoch härteres Programm: schwierige Felskletterei, im Wechsel mit steilsten Eispassagen. Mehr als 4200 Höhenmeter waren zu überwinden,überwiegend steiles Eis bis 70 Grad, unterbrochen von Felskletterei im vierten Schwierigkeitsgrad und einigen fast senkrechten Eisriegeln. Trotz erheblichem Eis- und Steinschlag, ergänzt von gigantischen Lawinenabgängen, gelang der Durchstieg. Während Schorsch zusammen mit seinen polnischen Gefährten Thadäus Pietrowski und Napoleon Bielun knapp unterhalb des Südgipfels wegen heilloser Schneemassen noch vor Einbruch der Nacht umkehrte und unversehrt absteigen konnte, kletterte ihr später nachgekommener Partner Uli Bühler weiter Richtung Gipfel. Unbemerkt von seinen Kameraden hatte er in einem Notbiwak ausgeruht, war bei einbrechender Dunkelheit weitergestiegen, musste nochmals biwakieren und kehrte mit schwersten Erfrierungen
und beginnender Höhenkrankheit vom Südgipfel ins Hochlager zurück. Um Uli ins Basislager zurückzubringen, verzichteten seine drei Kameraden auf einen weiteren Gipfelgang.
Die Erstbegehung dieses gewaltigen Pfeilers - eine Aufeinanderstellung der Nordwände von Ortler, Matterhorn, Triolet und Courtes - war 1982 ein Meilenstein im Himalaya-Bergsteigen. Es war zugleich auch der Höhepunkt und Abschluss einer ganz großen Achttausender-Karriere. Schorsch, zwischenzeitlich voll berufstätig, kehrte zu seinen Wurzeln zurück, widmete sich wieder mehr den Alpen und besonders seinem Lieblingsgebiet: dem Karwendel. Viele Wochen hatte er dort bereits mit Vegetationskartierungen verbracht, und jetzt fügte er seinem Karwendel-Portfolio noch einige Routen an der Laliderer-Wand hinzu, unter anderem die Direkte Nordwand. Später kletterte er noch mit seinem Freund Sepp Mack den Westwandpfeiler am Hohen Göll,eine der allerschwierigsten Kletterrouten dieser Zeit.
Heute lebt Georg Ritter zurückgezogen von der alpinen Schickeria-Szene zwischen München und Landsberg. Sein Rat ist aber immer noch geschätzt. Den DAV vertrat er jahrelang im Umweltgremium
des weltweiten Bergsteigerverbands UIAA - leise, aber wirkungsvoll.
Aus unserem 111-Jahre-Jubiläumsbuch
"Eine Sektion mit vielen Gesichtern"

1966 Durchquerung Stubaier Alpen
1969 Beg.Punta Civetta-Nordwestwand "Andrich-Fae",VI/A2,900 KM,2892m, (Civetta,Dolomiten)
1971 10.Beg.Crozzon di Brenta-Nordostwand-Nordostpfeiler "Franzosenführe",VI-/A1,950 KM,
3135m, (Brenta)
1972 Beg.Aiguille du Triolet-Nordwand,Eis 60°,3870m, (Montblancgebiet)
1972 Beg.Petites Jorasses-Westwand "Contamine-Führe",VI-/A2,750 HM,3649m, (Montblancgebiet)
1972 Beg.Aiguille Petit du Dru Westwand-Direkte Einstiegsvariante
"Hemming-Robbins,Amerikanerführe",VI/A2,700 HM,3754m, (Montblancgebiet)
1974 Beg.Pik Lenin-Rasdjelnajagrat,7134m, (Pamir,Tadschikistan/Kirgisien)
1976 Beg.Ortler-Nordwand "Ertl-Schmid-Führe",bis 60°,1200 HM,3902m, (Ortlergruppe)
1976 Beg.Aiguille de Blaitiére-Westwand "Brownriss",VI/A2,800 HM,3522m, (Montblancgebiet)
1978 Best.Aconcagua "Normalweg",6960m, (Anden,Argentinien)
1978 Best.Illimani,6462m, (Anden,Bolivien)
1978 31.Best.Mount Everest-Südostgrat vom Südsattel,8848 m, (Himalaya,Nepal/Tibet)
1980 4.Best.(1.Deutsche Best.) Kantschenzönga über Südwestwand "Normalweg",8586m,
(Himalaya,Nepal/Tibet)
1982 Best.Vers.Nanga Parbat-Südostpfeiler "Rupalpfeiler" bis wenige Höhenmeter unter Südgipfel,
IV,Eis bis 70°,4200 HM,8125m, (Himalaya,Pakistan)
Beg.Fleischbank-Ostwand-Direkter Ostkamin "Schmuckkamin",VI,400 HM,2187m,
(Wilder Kaiser)
Beg.Laliderer-Direkte Nordwand "Schmid-Krebs-Führe",VI-,900 HM,2583m, (Karwendel)
Beg.Höher Göll-Westwandpfeiler,2522m, (Berchtesgadener Alpen)
Beg.Trollryggen, (Norwegen)
Best.Popocatepetl,5462m, (Mexico)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu


Geboren am:
07.07.1947