Nordwand

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Routen Details:
Schönangerspitze (2274 m). Erste Durchkletterung der Nordwand durch Paul Bauer und Wilhelm Welzenbach am 4. Oktober 1925. Wandhöhe einschl. Plattenvorbau 720 m, ohne diesen 370 m; 6— 7 Std.; Vorbau schwierig, Mittelzone überaus schwierig, Gipfelwand äußerst schwierig; großenteils außerordentlich brüchig.
Die Nordwand der Schönangerspitze gliedert sich im vertikalen Sinn in zwei Teile: in eine westliche graue, leicht gewölbte, vollständig glatte Plattenwand und in eine östliche gelbe, in den oberen Partien durchwegs überhängende Wandeinbuchtung. Die Plattenwand setzt in der geraden Gipfelfallinie mit einer Kante gegen die Wandeinbuchtung ab. Diese Kante wird in der Mittelzone durch ein System von gelben brüchigen Verschneidungen gegliedert. Nach unten hin setzt sie sich als ausgeprägte Rippe durch den Plattenvorbau der Wand fort und fußt mit diesem auf dem Schutt. Der Anstieg bewegt sich durchweg auf dieser Rippe bzw. an der eben erwähnten Kante.
Vom Bärnheimatkopf auf Steigspuren südlich gegen den Fuß der Wände. Über Schutt ab- und aufwärtssteigend zum Beginn der Rippe (Aneroid 1550). Auf ihr in hübscher Kletterei hinan, einigen plattigen Stellen rechts ausweichend, bis der Vorbau allmählich übergeht in die steil sich aufbauende Wand (Aneroid 1900). (Hierher gelangt man auch, wenn man von P 1699 ausgehend in der Fallinie des Hinteren Waxensteins auf den Plattenvorbau übersteigt und auf seinem Kopf über mäßig geneigte Schutt- und Plattenhänge nach Westen quert.)
Nun auf der Fortsetzung der Rippe noch etwa 100 m hinan bis sie sich in einem Steilabbruch verliert. Unter einem kleinen brüchigen Pfeiler herum nach rechts und von Westen her auf seinen Kopf. Es folgt ein 15 m langer Quergang nach rechts um eine leicht vorspringende Kante herum in eine Verschneidung. In ihr 10 m empor, dann nach links heraus zu einem Stand. Weiter nach links um eine Ecke in eine verborgene Rinne. Durch sie etwa 10 m empor zu Stand. Etwa 25 m im wesentlichen waagrecht nach links (zwei Rippen sind zu übersteigen) an den Fuß eines abgesprengten brüchigen Pfeilers. Links von ihm durch einen Riß empor, dann nach links heraus auf eine Kanzel an der wiederholt erwähnten Kante. Von hier durch einen brüchigen Riß 10-12 m aufwärts, dann nach links heraus auf eine weitere Kanzel am Fuße eines 20 m hohen ungemein brüchigen Risses. Durch ihn zu einem spärlichen Stand unter ausladenden überhängen (Mauerhaken). (Steinschlagsicherer Stand für den zweiten in etwa 10 m Rißhöhe.) Über eine glatte feste Platte 10 m schräg links aufwärts, dann durch einen kurzen seichten Riß in eine schräg rechts emporziehende Steilrinne. In ihr etwa 10 m aufwärts, dann an die brüchige rechte Begrenzungskante und diese überschreitend weiter nach rechts an den Fuß einer weiteren, auffallenden Steilrinne. Über steile Schrofen rechts der Rinne empor, dann einige Seillängen im wesentlichen gerade aufwärts auf ein Schuttband. Von seinem linken Ende über eine breite Rampe links aufwärts bis zu ihrem Endpunkt unter der Gipfelwand (Köpfel).
Von hier zieht steil nach links aufwärts durch die senkrechte Wand ein brüchiger gelber Riß. Durch ihn 8 m empor, dann nach rechts heraus und über einen brüchigen Überhang zu spärlichem Stand (vom Köpfel äußerst schwierig). Über abgesprengte Blöcke erst nach links dann nach rechts aufwärts auf ein abschüssiges Plattenband (guter Stand). Auf dem sich zum Gesimse verschmälernden Band durch die Gipfelwand schräg rechts aufwärts zu einem gelben Riß. Durch ihn nach 6 m auf eine abschüssige, geröllbedeckte Platte. Einige Meter nach rechts um eine Ecke und durch eine glatte 3-4 in hohe Verschneidung direkt zum Gipfel.
Quelle: 33. Jahresbericht des Akademischen Alpenvereins 1924/1925, Seite 50-52
und gleichlautend in
Quelle: 21. Jahresbericht (Vereinsjahre 1925-1927) der DÖAV Sektion Bayerland 1928, Seite 24-25

Neue Winterfahrten im Wetterstein
Schönanger-Nordwand
Ausgangspunkt ist das liebe, vertraute Obergrainau. Wieder geht es durch die herrliche Landschaft. Der nahende Frühling ist überall spürbar. Auf den frischgrünen Wiesen blühen die ersten Blumen. Ab Neuner Alm ist es ein stilles einsames Gehen durch den grünenden Wald mit all seinen Stimmen und kleinen Wunderdingen. Groß und weit ist dieser Riffelwald. Über den Bärenheimatkopf geht es nach Westen langsam und mühselig hinauf zum Fuße der Wand. Sie wurde im Jahre 1925 erstmalig von Paul Bauer und Willo Welzenbach durchstiegen; ihre Höhe ist mit 700 Metern angegeben. Kalt und nicht gerade freundlich ist der Tag und lange überlegen wir am Plattenvorbau, ob sich ein Weitergehn lohnt. Dieser vereiste und verschneite Vorbau bringt bereits allerhand Schwierigkeiten. Dann endlich stehen wir am Beginn der eigentlichen Nordwand. Wir haben vor, den gleichen Weg wie Bauer und Welzenbach zu gehen. Vom Gipfel der Schönangerspitze zieht eine riesige Kante herunter. An ihr wollen wir unser Glück versuchen. Zu beiden Seiten der Kante fallen Plattenwände ab, die einen Durchstieg im Winter wohl nicht erlauben.
Hatte uns der Vorbau bereits größere Schwierigkeiten bereitet als erwartet, so tat es die Kante erst recht. Es herrscht hier noch tiefster Winter. Brüchiges, vorsichtig zu behandelndes Gestein wechselt mit Schnee und Eis. Um die Nordkante pfeift der Wind. Es beginnt zu regnen und wir erwägen, umzukehren. Vereiste Risse und Verschneidungen, ein brüchiger Pfeiler und schwierige Überhänge erfordern allergrößte Vorsicht. Wir kommen nur langsam vorwärts und sind nicht gerade in rosiger Stimmung. Ein großer Überhang gewährt uns für eine kurze Rastzeit Schutz vor dem beginnenden Schneefall. Eine Steilrinne, vollkommen mit Eis überzogen, bringt uns wieder zur Kante, die wir immer wieder einmal von Osten nach Westen umgehen müssen. Über Platten und verschneites Gelände kommen wir unter die eigentliche Schlußwand. Stundenlang sind wir bereits unterwegs. Es schneit, und die Nässe macht sich unliebsam bemerkbar, Nichts ist zu sehen von der uns umgebenden Landschaft. Ganz allein sind wir am Berg. Nichts darf geschehen, daher ist allergrößte Vorsicht nötig. Aber unsere Ausrüstung ist gut und ähnliche Verhältnisse haben wir schon öfter durchgestanden. Noch dauert es Stunden, bis wir die vereisten Risse der Gipfelwand hinter uns haben. Droben gibt es kaum Rast und Aufenthalt, der Wind pfeift über den Grat. Aber der Weg ist uns nun bekannt, haben wir doch vor zwei Jahren den winterlichen Waxensteinkamm überschritten. Trotzdem ist es noch ein weiter und harter Weg hinüber zu den beiden Riffelspitzen. Die Nacht naht und nochmals müssen wir biwakieren. Die folgenden Stunden werden keinesfalls zur Erholung. Lang, überaus lang ist die Nacht. Am Morgen sind wir steif gefroren. Immer noch schneit es, und auch der Abstieg über die Scharte ins Höllental ist nicht leicht.
(1. Winterbegehung am 23. und 24. März 1957 durch Georg Maier und Hannes Niederberger. Kletterzeit 11 Stunden.)
Georg Maier
Quelle: DAV Mitteilungen 1957, Heft 5, Seite 89-90

Schönanger-Nordwand (Bauer-Welzenbach-Führe):
Erste Winterbegehung durch G. Meier und Gefährten.
Quelle: Der Bergsteiger 1979, Heft 1, Seite 29
Datum erste Besteigung:
04.10.1925
Erste(r) Winter-Besteiger(in):
24.03.1957
Gipfel:
Schönangerspitze
Erste(r) Besteiger(in):
Bauer Paul
Welzenbach Wilhelm Willo
Erste(r) Winter-Besteiger(in)
Maier Georg
Niederberger Hannes