Müller Wilhelm Karl
(
Bearbeiten)
Biografie:
1930 1.Beg.Schchara-Hauptgipfel-Nordrippe,V+,5200m, (Kaukasus)
G.Schauer
Wilhelm Karl Müller
* 26. April 1901, (+) 28. Juli 1961
Willi Müller war einer jener Menschen, auf den das Wort vom ersten Eindruck, der angeblich maßgebend sei, nicht zutraf. Man mußte ihn schon näher kennen, um seine Persönlichkeit zu erfassen und schätzen zu lernen. Gerade das Bergsteigen gibt hiezu ja die beste Möglichkeit.
Er stammte aus einer angesehenen Wiener Patrizierfamilie. Sein Vater, ebenfalls Mitglied des OAK (durch 40 Jahre), war Chef der bekannten Universitätsbuchhandlung Lechner u. Müller am Graben, die nach dessen Tod Willi in jungen Jahren ganz unvorbereitet übernehmen mußte. In den schwierigen Nachkriegsjahren schied er bald aus dem Unternehmen aus. Er war dann hauptsächlich äls Berufsphotograph tätig und wanderte schließlich nach Amerika aus, wo er dann eine Ranch kaufte und später in Denver (Colorado) ein Reisebüro aufbaute.
Als Bergsteiger und alpiner Schiläufer war er sehr eifrig und erfolgreich. Idi selbst konnte mit ihm nach einer scharfen Eingehtour in der Goldberggruppe im Jahre 1929 in den Wallisern sehr schöne Bergfahrten durchführen. Es gelang uns in den kurzen 10 Tagen, angefangen von allen Monte-Rosa-Gipfeln bis zur Dent d'Herens, fast alle Berge zu ersteigen. Eine Lyskamm- sowie eine Matterhorn-Überschreitung (Zmuttgrat—Schweizergrat) gehören wohl zu den schönsten Erinnerungen des Lebens. Damals lernte ich Willi als wirklich guten Kameraden, der mit seinem trockenen Humor auch sehr erfrischend wirkte, bestens kennen.
Freund Hugo Tomaschek berichtet mir, daß er mit Willi Müller verschiedene Schifahrten in der Granatspitz- und in der Glocknergruppe unternommen hat, weiters Klettereien wie Kalbling-Südwand und Festkogel-Nordwand durchführte, und schließlich als Krönung eine von Willi angeregte Kaukasusfahrt unternahm. Tomaschek erichtet
darüber wörtlich:
„Willi Müller trat aus seiner sonstigen Zurückhaltung heraus, als er 1930 den Entschluß faßte, zu zweit eine Kaukasusfahrt zu unternehmen. Er war ein Gefährte, der die Ruhe weg hatte. Ob Hochwasser oder Gewitter, Willi hielt unverdrossen bei der Erstersteigung von drei Viertausendem mit.
Seine größte bergsteigerische Leistung war die Erstersteigung des Schchara-Nordpfeilers (5184 m) in sieben Tagen. Weder die 8 Stunden in einer Eisstufe im Steinhagel, noch 36 Stunden in einem Eisloch bei Schneesturm, noch ein zweiter Schneesturm knapp unterhalb des Gipfels kriegten ihn klein. Erst nach dem Betreten des flachen Gletscherbodens setzte er sich auf den Rucksack und wollte nicht mehr weiter. Auf die Frage, ob er verhungern wolle, sagte er schlicht „Ja" . Nach zwei Kolapillen war er jedoch bereit, unverdrossen weiterzumarschieren.
Seine Frau berichtet, daß Willi das Abzeichen des ÖAK, dessen Mitglied er seit 1927 war, in Amerika immer hoch in Ehren gehalten und es auch dort bei seinen Bergfahrten immer stolz getragen hat.
Ich habe mir jetzt wieder seine Bilder aus dem Wallis angesehen; sie sind, auch nach heutigen Begriffen, ganz ausgezeichnet.
Willi ist am 28. Juli 1961 in Denver im 60. Lebensjahr gestorben. Er wird allen, die ihn gekannt haben, in gutem Gedenken bleiben.
Anton Weigend
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1962, Folge 1324, Seite 84-85
Geboren am:
26.04.1901
Gestorben am:
28.07.1961