Noé Kurt

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Biografie:
ÖAK-Mitglied seit 6. Dezember 1945

Lieber Kurt!
Wenn wir von Dir für immer Abschied nehmen,
geben wir das letzte Geleite einem uns besonders lieb gewordenem Menschen. Du hast ein hohes Alter erreicht, 4 Jahre ab 90 gelebt, welche Jahre nach alter Meinung ein Geheimnis sind. Du hast verstanden. Deine Lebenszeit erfüllt zu leben. Den Bergen, dem Wandern in der Natur, gehörte Deine große Liebe. Klettern und Schilaufen übtest Du so lange, bis das Alter den Schlusspunkt setzte. Du gehörtest als Kletterer zu jenen Wenigen, die in der erlesenen Schar des Alpenklubs Aufnahme fanden. Weiters galt Dein besonderes Interesse der Philosophie - sie war auch Dein Unterrichtsfach, so dass wir oft bei gemeinsamem Beisammensein gewichtige Lebens fragen erörterten. In den Jahren, da Du noch in Deiner Wohnung sein konntest, verfolgtest Du besonders aufmerksam die jüngsten Errungenschaften in den Naturwissenschaften, wo Dich die Gen-Problematik besonders fesselte. Deine große Vorliebe gehörte ferner der Musik und der schönen Literatur, aus welchen Disziplinen Du tiefe Kräfte für das Gemüt schöpfen konntest, die Du dann für die letzten Jahre Deines Daseins zur Genüge brauchtest, als Dich das Altersschicksal auf eine harte Probe stellte. Es war für uns alle, die Dich besuchten, bewundernswert, wie Du diese Anforderungen an Deine Psyche vorbildlich meistertest. Mit unerhörtem Gleichmut, wie ihn Dir die stoische Philosophie vorgab, trugst Du, was Dir auferlegt war. Fast nie hast Du geklagt. Wenn Du im Rollstuhl zum kleinen Teich mit den Wasserrosen und den Blutweiderich-Gewächsen, dem Essigbaum und den frühjahrsblühenden Ziersträuchern geführt wurdest oder voll Stolz sogar öfter allein zustande brachtest, geschickt die ziemlich steile Straße dahin zu bezwingen, nicht genug kann man das Glücksgefühl ermessen, das Dich beseelte, ein Stück blühender Natur außerhalb des Pflegezimmers hautnah zu erleben. Jede Tulpe war Dir da eine einmalige Kostbarkeit. Vielleicht lag in dieser Deiner Natur- Erlebnisfähigkeit das Geheimnis für Deine heitere Gelassenheit im letzten Jahr der Bewegungslosigkeit. Bis zuletzt bewahrtest Du den klaren Geist, den schönen Dingen des Lebens zugewandt. So kam schließlich ganz sanft im schmerz losen Schlaf der Tod, so dass sich an Dir die rührende Bitte des Matthias Claudius erfüllte, die
er in seinem Abendlied „Der Mond ist aufgegangen" also aussprach: „Wolltest endlich sonder Grämen aus dieser Welt uns nehmen durch einen sanften Tod."
Nun wirst Du zur ewigen Ruhe neben Deiner Frau gebettet, die Dir vor Jahren im Tod voranging, welchen Verlust Du eigentlich nie mehr richtig verkraftet hast. Wir wollen es, nicht ohne Zuversicht, hinnehmen: „Die Linien des Lebens sind verschieden wie Wege sind und wie der Berge Grenzen. Was hier wir sind, kann dort ein Gott ergänzen mit Harmonien und ewigem Lohn von Frieden."
In diesem Sinne sagen wir Dir ein letztes Lebe wohl! Sit tibi/vobls terra levisi Möge Euch - Dir und Deiner Frau - die Erde leicht sein!
Trauerrede beim Begräbnis von Dr. Kurt Noe am 15. April 2002, gehalten von OStR Dr. Erwin Hahn am offenen Grab.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 2002, Folge 1564, Seite 77

Geboren am:
14.02.1908
Gestorben am:
07.04.2002