Meletzki Emil
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Biografie:
Emil Meletzki zum Gedächtnis
Es war der 4. Dezember 1947. Wir hatten für diesen Tag gerade eine Ausschußsitzung angesetzt. Als ich mitteilte, daß unser lieber Meletzki am Vormittage des gleichen Tages für immer von uns gegangen sei, sahen die meisten mich fast ungläubig an und auch die, die es schon wußten, waren noch vor Schrecken fassungslos. So überraschend war allen diese Trauernachricht gekommen, hatten doch die meisten Meletzkis Erkrankung nicht so ernst genommen. Ich selbst war seit dem letzten Krankenbesuche einige Tage zuvor darauf gefaßt, innerhalb einer Woche war der Kranke so schwach geworden, daß ich überzeugt war, hinter der scheinbar einfachen Gelbsucht müsse ein schweres Leiden stecken. Ob es wirklich unausweichlich war, daß der gute Emil Meletzki so früh von dieser Erde scheiden mußte, wird wohl für immer ärztliches Geheimnis bleiben.
Wir müssen es hinnehmen und können nichts anderes tun, als uns Emil Meletzki so, wie ihn angeborene Anlagen und Schicksal geformt haben, zu vergegenwärtigen. Was immer für Aufgaben das Leben ihm stellte, er hat sie mit vorbildlichem Pflichteifer gelöst. Was immer er anpackle, an das ging er mit unerschütterlichem Glauben an den Erfolg heran. Sein sonniger Optimismus erleichterte ihm und seiner Umgebung das Leben. Er war der liebevollste Sohn und umgab sein liebes Mutterl mit nimmermüder Sorgfalt. Er wurde später der ebenso liebevolle, geradezu ideale Gatte für seine Frau, der es ein tragisches Geschick verwehrte, am Leichenbegängnis teilzunehmen, da sie kurz zuvor an dem gleichen Leiden erkrankte, von dem sie aber durch rechtzeitig einsetzende Behandlung gerettet wurde. Im ersten Weltkriege meldete sich Meletzki freiwillig zum militärischen Gebirgsdienste an der italienischen Front. Bis zum Kriegsende war er in der Ortlergruppe eingesetzt und wurde für seine Leistungen wiederholt, unter anderem mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. In diesen Jahren, die er im Schnee und Eis des Hochgebirges zubrachte, wurde er der ausgezeichnete Schiläufer, der er bis zuletzt blieb. Diese Jahre blieben ihm aber auch ein unvergeßliches Erlebnis, von dem er gerne erzählte und dessen er sich namentlich, wenn er auf Bergtouren zufällig mit einem der braven Tiroler Standschützen zusammen kam, lebhaft erinnerte. In seinem Berufe arbeitete er sich von kleinen Anfängen bis zum Direktor seines Unternehmens hinauf und galt als hervorragender Fachmann nicht nur der Spiegelglasversicherung, sondern von Glaserzeugung und -handel überhaupt.
Uns, seinen alten Klub- und Tourengefährten, liegt es aber am nächsten, seiner Leistungen als Bergsteiger zu gedenken. Wenn er sich anfangs auf Klettereien in den Nördlichen Kalkalpen beschränkte, so bevorzugte er später, jedenfalls unter der Einwirkung seines viel-jährigen Kriegsdienstes in der Ortlergruppe Schnee- und Eistouren und brachte es darin zu anerkennenswerter Meisterschaft. Da er kein Tourenbuch führte, kann ich nur einige seiner Touren, von denen er oder seine Gefährten erzählten oder die ich selbst mit ihm machte, an führen, Spät, nicht oft und immer nur für kurze Zeit kam er in die Westalpen und Dr. Kaulich, der auch mein langjähriger Tourengefährle gewesen war, hatte ausgesprochenes Wetterpech. Trotzdem gelang beiden eine Längsüberschreitung des Montblanc, eine Ersteigung des Monte Rosa und anderes. Mit mir machte er schöne Bergfahrten in der Berninagruppe, u. a. die Überschreitung der Palü- und Bellavistagipfel bis zum Piz Zupo und erstieg den Piz Bernina selbst. In den Ostalpen kannte er wohl die meisten Gruppen. Besonders aber bevor zugte er die Glocknergruppe, deren bester Kenner, er wurde. Den Großglockner selbst erstieg er fünfzigmal, u. a., erstmals über den Glocknerkarkamp. Die Glocknerwand erstieg er über den Glocknerkamp und machte die vollständige Begehung des Grates von der Glocknerwand zum Großglockner mit erstmaliger Überkletterung des Teufelshorns. Mir selbst sind gemeinsame Fahrten in den Ötztaler Bergen, wie über den Nordgrat der Hinteren Schwärze und die Gratwanderung über die Marzellspitzen zum Similaun, sowie eine Frühlingsschitour über die Valluga in sonnigster Erinnerung. In den Österr. Alpenklub trat Meletzki im Jahre 1911 ein und war von 1920 bis 1932 im Ausschusse, darunter rund zehn Jahre als Hüttenwart der Erzherzog Johann-Hütte tätig.
Durch die vorbildlich pflichtgetreue Erfüllung dieser Aufgabe erwarb er sich große Verdienste um die Erhaltung dieses wertvollsten und nach dem ersten Weltkriege einzigen Hüttenbesitzes des Klubs. Während dieser Jahre verbrachte er seine Urlaube ganz oder zum größeren Teile in der Glocknergruppe und verdiente sich den Beinamen des „Glocknervaters". Auch am Vortragspulte war Meletzki gern gesehen und erntete, besonders wenn er von seinem Lieblingsberge sprach, stets reichen Beifall. Seine Kenntnis der Glocknergruppe machte es nur selbstverständlich, daß ihm deren Bearbeitung in der letzten Auflage des „Hochturist in den Ostalpen" übertragen wurde. Für seine Verdienste um den Österr. Alpenklub ernannte ihn dieser im Jahre 1940 zum Ehrenausschußmitglied.
So hattest Du, lieber Freund und Gefährte, auf allen Gebieten Deiner Tätigkeit und Deines Lebens Erfolg. Du hattest auch Glück, dieses war aber verdient und so hat es Dir wohl niemand geneidet oder mißgönnt. Alle Deine Erfolge überstrahlt aber Deine Herzensgüte und Hilfsbereitschaft, die sich niemandem versagte, der in irgendeiner Not war. Du warst der treueste und rücksichtsvollste Tourengefährte. Selbst den Tod scheinst Du mild gestimmt zu haben. Denn, zwar viel zu früh, aber sanft und ohne Schmerzen nahm er Dich mit. sich in jenes Land, aus dem es keine Rückkehr gibt. Schmerzerfüllt und in düsterer Trauerstimmung nahmen wir von Dir Abschied. Durch das Düster leuchtet aber hell die Erinnerung an die sonnigen Tage, die wir mit Dir in den Bergen verbrachten. Lieber Emil Meletzki, Du bist nicht tot, Du lebst weiter in der Erinnerung derer, die Dich kannten.
Dr. Carl Kirschbaum.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1948, Folge 1238, Seite 59-60
Gestorben am:
04.12.1947