Petermichl Theodor
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Biografie:
Theodor Petermichl (+)
Zu dem Kreis, der um die Jahrhundertwende an den Donnerstagabenden des Klubs am „Langen Tisch" der Jugend anwesend war, zählte auch Theodor Petermichl, der 1897dem ÖAK. beitrat. Er war ein Mann von schlanker Statur und liebenswürdigem Wesen, hatte sich dem Lehrfach gewidmet und war daher in den Tagen der Sommerserien ein glücklicher Genießer seiner freien Zeit, die er am liebsten in den Bergen verbrachte.
Bei zwei Fahrten im Jahre 1897, und zwar bei Großem Buchstein und Dachstein, war Petermichl mein Gefährte. Gerade an diese beiden Bergfahrten knüpften sich zwei Episoden, die mir stets im Gedächtnis bleiben werden:
So war es am Morgen des 11. Juli 1897, als ich mit dem Nachtschnellzug, von Hieflau kommend, in Gstatterboden eintraf, um mit Petermichl eine verabredete Tour zu unternehmen. Es war eine regenreiche Nacht gewesen und auch der Morgen ließ nur langsam eine Wetterbesserung erwarten. Hier trafen wir eine ganze Reihe von Klubmitgliedern, die gleichfalls auf die Wetterbesserung warteten, unter ihnen Dr. Pfannl, Maischberger, Keidel, Dr. Wessely sowie Ing. Kleinwächter und Goudet, welch letztere einen Aufstieg über den Peternpfad aus das Hochtor vorhatten, während die vier ersteren eine größere Fahrt beabsichtigten. So berieten auch wir mit den anderen sechs Klubmitgliedern, was gemeinsam unternommen werden könnte. Man einigte sich dahin, daß Kleinwächter und Goudet sich den ersten vier anschließen sollten, um dem Ostgrat des
Großen Buchsteins zu Leibe zu rücken. Da aber bei dieser bisher erst wenige Male durchgeführten Neutour bereits drei Seilschaften — schon mehr als eigentlich vernünftig vorstellbar war — sich zusammengefunden hatten, so kam eine vierte Seilschaft, Petermichl und ich, für die gleiche Bergfahrt nicht mehr in Frage. So zogen die ersteren zu der schönen Fahrt aus, die für zwei Teilnehmer zum Verhängnis werden sollte. Petermichl und ich wandten uns aber dem Großen Buchstein von Süden zu. Lange hatten wir auf dem Gipfel gewartet, als aber keiner der Freunde kam, begannen wir zu Tal zu steigen. Da kam plötzlich Kleinwächter uns nachgelaufen und brachte uns die Kunde, daß die Seilschaft Keidel-Goudet abgestürzt sei. Goudet liege im Sterben, Keidel sei schwer verletzt. Wir stiegen nun gemeinsam ab, sorgten für Rettungsmannschaften, die noch am selben Tag den Aufstieg unternahmen. Petermichl übernahm die Leitung der Rettungsmannschaft, die noch in derselben Nacht zur Unfallstelle emporwanderte, während ich es übernahm, Keidels und Petermichls Eltern in Wien zu verständigen. So endete die Erinnerung an die erste Fahrt mit Petermichl.
Noch lebt die Erinnerung an eine zweite Fahrt mit Petermichl in mir auf. Am Morgen des 15. November 1897 waren Hanns Barth, Petermichl und ich nachts, von Schladming aus kommend, durch die rauhreifbedeckte Ramsau den Dachstein-Südwänden zugewandert. Nicht ein Schneefleckchen war in den Wänden zu sehen. Trotzdem zogen wir es nach vielen Erwägungen und Bedenken wegen der Kürze des Tages vor, die Besteigung
der Dachstein-Südwand aufzugeben. Wir stiegen über die Hunerscharte auf den Dachstein. Tags darauf wollten wir von der Simonyhütte das Niedere Kreuz über die Ostwand auf neuem Weg ersteigen und benützten dazu eine Felsrippe zur Rechten einer vereisten Schlucht. Wir kletterten alle noch ohne Seil, als der Vorankletternde herabrief, daß die Kletterei sehr schwierig würde. Plötzlich vernahmen wir einen dumpfen Fall und gleich darauf sahen wir zu unserem Entsetzen Petermichl durch die Eisschlucht hinuntersausen. Wir stiegen sofort ab und fanden Petermichl wohl bewußtlos, aber nicht sonderlich verletzt. Es gelang uns auch, ihn, der vielfach irre redete und über Schmerzen in den Gliedern klagte, ohne fremde Hilfe nach Hallstatt und nach Wien zu bringen. Sein Absturz, der durch seine Kurzsichtigkeit hervorgerufen war, bestätigte unsere Entscheidung vom Tag zuvor, daß es bester war, die Dachstein-Südwand fallen zu lasten.
Der Schock, den Petermichl durch den Sturz erlitten hatte, hielt ihn aber weiter von gefahrvolleren Bergfahrten ab. So kam es von da an zu keiner gemeinsamen Fahrt mehr, und seine hochalpine Laufbahn fand ein frühes Ende. Die Erinnerung an einen lieben Klubkameraden, der 1946 verstorben ist, wird mir stets verbleiben.
Alfred Radio - Radiis.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1949, Folge 1248, Seite 207
Gestorben am:
1946